78. ISTAF wird zum WM-Turbo – 40.500 Fans feiern die Leichtathletik

2. September 2019

Die WM kann kommen! Vier Wochen vor den Weltmeisterschaften in Doha zeigten die Stars am Sonntag (1. September 2019) beim 78. ISTAF, wie faszinierend die Leichtathletik ist. Die 40.500 begeisterten Zuschauer erlebten reihenweise Gänsehaut-Momente, Bestleistungen – und einen Weltrekord.

Der Schlussspurt des 78. ISTAF hatte es zur Freude des Publikums besonders aus deutscher Sicht in sich: Innerhalb weniger Minuten sprang Hochsprung-Europameister Mateusz Przybylko so hoch wie noch nie in diesem Jahr und Überfliegerin Malaika Mihambo zum Weitsprung-Sieg. Anschließend gelang Gesa Krause Historisches. Die 27-Jährige lief die 2.000 Meter Hindernis in Weltrekord-Zeit. Im letzten Wettbewerb an einem Nachmittag voller großer ISTAF-Momente verwandelte die deutsche 4x100m-Staffel das Olympiastadion in ein Tollhaus und sprintete in Weltjahresbestzeit zum ISTAF-Sieg. „Es war fantastisch, wie die Fans im Olympiastadion die Sportler unterstützt haben“, sagte Meetingdirektor Martin Seeber. „Unsere Athleten reisen jetzt mit starkem Rückenwind zur WM nach Doha.“

Kugelstoßen Frauen: Brittany Crew mit Landesrekord

Das ISTAF hatte gerade erst begonnen, da begeisterte Brittany Crew bereits das Publikum. Schon früh verbesserte die Kanadierin ihren Landesrekord auf 19,10 Meter, später setzte sie nochmal 18 Zentimeter drauf. Damit holte sie sich den Sieg, weil bei Christina Schwanitz nach eigener Angabe „ein Magnet in der Kugel eingebaut“ war. Ihre ersten vier Versuche landeten allesamt zwischen 18,49 m und 18,62 m.

Dreisprung Frauen: Shanieka Ricketts glänzt auch in Berlin

Die Weltjahresbeste Shanieka Ricketts tütete am Donnerstag den Sieg in der Diamond League ein und war auch im Berliner Olympiastadion nicht zu stoppen. Die Jamaikanerin landete im ersten Versuch bei 14,63 m. Hinter Patricia Mamona (Portugal/14,18 m) und Dovile Kilty (Litauen/14,15 m) belegte Neele Eckhardt Platz vier. Nach einer schwierigen Saison, die für sie durch eine Lungenentzündung im Winter erst spät Fahrt aufnahm, blieb ihr die Krönung in Form der WM-Norm verwehrt.

Diskus Männer: Piotr Małachowski besiegt Weltmeister und Olympiasieger

36 Jahre – und kein bisschen leise. Piotr Małachowski, ältester der fast 200 ISTAF-Starter, setzte sich mit 65,17 m vor dem amtierenden Weltmeister Andrius Gudzius (Litauen/64,51 m) durch und demonstrierte wieder, dass er gern beim ISTAF wirft und das auch in Leistung ummünzen kann. Olympiasieger Christoph Harting konnte unterdessen bei seinem Heimspiel im Olympiastadion erneut nicht glänzen, mit 60,06 m strich er bereits nach drei Versuchen die Segel. Bester Deutscher: David Wrobel mit 63,43 m.

Hochsprung Männer: Endlich! Mateusz Przybylko gelingt „Befreiungsschlag“

Wieder wurde es in Berlin historisch für Mateusz Przybylko. Im vergangenen Jahr verzückte er in Berlin das EM-Publikum, dieses Mal waren die ISTAF-Zuschauer nach seinen Sprüngen aus dem Häuschen. 2,28 m schaffte er im dritten Versuch, danach blieb die 2,30 m hohe Latte liegen. Przybylko jubelte ausgelassen, nach vielen Wettkämpfe unterhalb dieser magischen Marke wirkte das wie ein Befreiungsschlag. Im direkten Duell mit Maksim Nedasekau aus Weißrussland, den er schon bei der EM auf Rang zwei verwiesen hatte, setzte sich der Leverkusener erneut durch. Nedasekau übersprang wie Landsmann Dzmitry Nabokau 2,28 m.

400 Meter Hürden Männer: Luke Campbell am schnellsten

Es sollte für zwei Deutsche der Angriff auf die WM-Norm werden, doch daraus wurde nichts. Auch Sieger Luke Campbell von der LG Eintracht Frankfurt blieb in 49,41 Sekunden drüber, er hatte aber schon zuvor einen Haken dran gemacht. Zweiter wurde Oskari Mörö (Finnland/49,47 s) vor Campbells Teamkollege Joshua Abuaku (49,64 s).

Stabhochsprung Männer: Europameister Duplantis gewinnt Gipfeltreffen

Die drei besten Stabhochspringer der Welt waren am Start – und am Ende triumphierte im Olympiastadion der Europameister. Armand Duplantis (Schweden) setzte sich mit 5,80 m vor dem höhengleichen Sam Kendricks (USA) durch. Die Leverkusener Bo Kanda Lita Baehre und Torben Blech hatten nach einem harten Trainingsblock noch schwere Beine und belegten mit 5,60 m die Ränge acht und neun. Die Athleten hatten diesmal mit ungünstigen Windverhältnissen zu kämpfen.

100 Meter Frauen: Außenseiterin Ewa Swoboda jubelt

Ewa Swoboda schockte die Favoritinnen über die kürzeste Sprintdistanz. In einem engen Feld und unter tosendem Beifall setzte sich die Polin bei leichtem Rückenwind mit neuer Bestzeit von 11,07 Sekunden vor Asha Philip aus Großbritannien (11,10 s) und der Chinesin Liang Xiaojing (11,13 s) durch. Gina Lückenkemper war nach 11,15 Sekunden nicht unzufrieden, die zweite Berlinerin Lisa Marie Kwayie (Neuköllner SF; 11,25 s) wurde Sechste.

5.000 Meter Frauen: Reh-Unterstützung – Hanna Klein mit WM-Norm

Kenia-Sweep und Heldentat von Alina Reh! Daisy Jepkemei (14:51,72 Minuten) siegte im Schlussspurt nur eine Hundertstelsekunde vor Norah Cheruto (14:51,73) und Eva Cherono (14:57,30). Weiter hinten spielte sich unterdessen etwa zur Rennhälfte ein kleines Drama ab. Alina Reh vom SSV Ulm 1846 wollte die 15-Minuten-Marke angreifen und lag auf Kurs, als sie ein Sturz aus dem Schritt brachte und sie sich plötzlich am Ende des Feldes wiederfand. Als sie ihre Landsfrau Hanna Klein wieder erreicht hatte, stellte sich Alina Reh voll in den Dienst von Hanna Klein – im Wissen, dass die Schorndorferin die WM-Norm angreifen wollte. Reh pushte Klein, und die Mittelstreckenspezialistin schaffte für sie etwas überraschend die geforderte Zeit. In 15:19,74 Minuten wurde sie Elfte, Reh folgte zweieinhalb Sekunden später als Zwölfte. Während die U23-Europameisterin dem verpatzten Angriff auf die magische Marke nachtrauerte, freute sich Klein über den unverhofften Coup.

Weitsprung Frauen: Mihambo kratzt wieder an Sieben-Meter-Marke

6,99 Meter beim ISTAF Indoor – nun 6,99 Meter im Freien. Malaika Mihambo verpasste zwar den Angriff auf den Meeting-Rekord der im Stadion anwesenden Heike Drechsler (7,08 m), setzte ihre Siegesserie aber fort. Dazu reichte ihr ein guter zweiter Versuch, danach beendete sie als Vorsichtsmaßnahme den Wettkampf. Zweite wurde die Russin Yelena Sokolova mit 6,65 Metern.

1.500 Meter Männer: Joshua Thompson siegt – Farken auf Rang 14

Ein US-Amerikaner düpiert die Favoriten: Größtes Stehvermögen in der Spurt-Entscheidung hatte Joshua Thompson, der auf den letzten 50 Metern noch zwei Konkurrenten überholte und in 3,35,01 Minuten triumphierte. Bester Deutscher wurde Robert Farken vom SC DHfK Leipzig auf Rang 14 in 3:38,94 Minuten.

Speerwerfen Männer: Johannes Vetter mit drittem ISTAF-Triumph

Weltmeister Johannes Vetter setzte sich beim Speerwurf-Gipfel durch, bereits sein dritter Sieg beim ISTAF. Mit 85,40 m war der Offenburger nicht zu schlagen, am nächsten kam ihm Edis Matusevicius (Litauen/85,10 m). Der Deutsche Meister Andreas Hofmann folgte mit etwa drei Metern Rückstand und schlug damit auch Olympiasieger Thomas Röhler (5./80,33 m), der vor der WM nichts riskieren wollte. Fast hätte er Zehnkämpfer Niklas Kaul passieren lassen müssen, der im Feld der Spezialisten eine neue persönliche Bestmarke aufstellte (78,49 m).

100 Meter Hürden Frauen: Roleder oder Hermann? Tobi Amusan!

Tobi Amusan aus Nigeria war die Schnellste in 12,51 Sekunden, sie gab damit auch Europameisterin Elvira Herman (12,99) das Nachsehen. Cindy Roleder vom SV Halle hatte nach einer intensiven Trainingswoche schwere Beine und wurde in 12,91 Sekunden Fünfte.

110 Meter Hürden Männer: Omar McLeod nicht zu schlagen

Weltmeister und Olympiasieger ist Omar McLeod – nun hat der Hürden-Superstar seiner Vita auch einen Sieg beim ISTAF hinzugefügt. Der Jamaikaner benötigte 13,07 Sekunden. Der Tübinger Gregor Traber kämpfte mit seinen chronischen Rückenbeschwerden, entschied sich erst 20 Minuten vor dem Wettkampf für einen Start und landete mit 13,52 Sekunden auf Rang sechs.

2.000 Meter Hindernis Frauen: Gesa Krause stürmt zum Weltrekord

Mit glänzenden Augen und Gänsehaut peitschten die 40.500 Fans Gesa Krause in der Schlussrunde nach vorn – und im Ziel rannte Gesa Krause einfach weiter, zur schnellsten Ehrenrunde in der Geschichte des ISTAF. Zuvor hatte sie bereits Historisches geschafft. Sie verbesserte nicht nur ihren eigenen deutschen Rekord, sondern lief die 2.000 m Hindernis so schnell wie noch nie eine Frau vor ihr: 5:52,80 Minuten – Weltrekord!

100 Meter Männer: Comeback von Andre de Grasse

Der schnelle Kanadier Andre de Grasse, der lange mit Verletzungen zu kämpfen hatte, stürmte in 9,97 Sekunden zum ISTAF-Sieg. Der Silbermedaillengewinner von Rio über die 200 Meter sprintete damit Saisonbestzeit. Auch Landesrekordler Akani Simbine aus Südafrika blieb noch unter zehn Sekunden. Die drei Deutschen Meister im starken Feld (fünf Athleten unter 10,11 s) reihten sich ganz hinten ein. Michael Pohl (10,32 s) wurde Siebter vor Julian Reus (10,33 s) und Kevin Kranz (10,40 s).

4×100 Meter Frauen: Lückenkemper und Co. mit Weltjahresbestzeit

Was für ein ISTAF-Finale! Die deutsche Staffel mit Lisa Marie Kwayie, Yasmin Kwadwo, Tatjana Pinto und Gina Lückenkemper stürmte in 41,67 Sekunden an die Weltspitze. Zum wiederholten Male an diesem Tag verwandelte sich das Olympiastadion in ein Tollhaus, Gina Lückenkemper und Co. ließen sich mit Deutschland-Flagge feiern. Das deutsche Quartett ließ China keine Chance. „Dabei haben wir beim dritten Wechsel noch einiges liegengelassen. Da ist noch mehr drin“, frohlockte Gina Lückenkemper. „Jetzt kann die WM kommen!“