Disziplinen-Vorschau ISTAF 2023

1. September 2023

Frauen

100 Meter: Wer triumphiert im Olympiastadion?

Sie liebt das Tempo. Doch manchmal ist der Körper nicht bereit für hohe Geschwindigkeiten. Das musste Gina Lückenkemper (SCC Berlin) nach der WM in Budapest erfahren. Ein Virusinfekt bremst die Europameisterin kurzfristig aus – Bett in Bamberg statt blaue Bahn in Berlin.

So ist das Rennen um die Sprint-Krone auf der blauen Bahn absolut offen. Jonielle Smith (Jamaika; SB: 11,13 sec), Jenna Prandini (USA; SB: 11,14 sec) und Maboundou Kone (Elfenbeinküste; SB: 11,22 sec) peilen allesamt den Sieg an. Speziell die Sprinterin aus der Elfenbeinküste war bei der WM in starker Form und lief in Budapest mit der Sprint-Staffel Afrika-Rekord (41,90 sec). Auch die Belgierin Rani Rosius präsentierte sich in Budapest mit 11,18 Sekunden und neuer Bestleistung besser denn je.

Von den deutschen WM-Starterinnen sind Rebekka Haase (Sprintteam Wetzlar) und Louise Wieland (Hamburger SV) beim ISTAF dabei. Beide liefen in Budapest auf der ungünstigen Bahn eins zusammen mit Sina Mayer (LAZ Zweibrücken) und Gina Lückenkemper auf einen guten sechsten WM-Platz. Die Berliner Farben vertritt die Neuköllnerin Lisa Marie Kwayie. Nach längerer Verletzungspause will die 26-Jährige den Sprint-Sommer mit einer Saisonbestzeit im Olympiastadion beenden. Die steht bisher bei 11,47 Sekunden.

Lisa Marie Kwayie bringt eine extrem talentierte Vereinskollegin von den Neuköllner Sportfreunden mit zum ISTAF: Lilith Belau, die kurzfristig für Gina Lückenkemper nachgerückt ist. Der Youngster wird am 19. Dezember 2023 16 Jahre alt, schnappte sich bei der U18-DM vor sechs Wochen in Rostock aber schon Silber über 200 Meter. Die 15 Jahre alte Schülerin wird erstmals vor so großer Kulisse laufen und den 3. September 2023 niemals vergessen. Zeit? Nebensache! Lilith Belau trainiert bei Heimtrainer Thomas Franzke und Landestrainer Christopher Montague. Unterstützt wird sie wie ihre Trainingspartnerin Lisa Marie Kwayie beim ISTAF vom 35 Personen starken Fanklub der Neuköllner Sportfreunde.

 

400 Meter: Familien-Tour nach Berlin – Superstar Shaunae Miller-Uibo feiert ISTAF-Premiere

136 Tage nach der Geburt ihres Sohnes feiert Superstar Shaunae Miller-Uibo ihre ISTAF-Premiere. Die zweimalige Olympiasiegerin und Weltmeisterin 2022 startet im Olympiastadion über 400 Meter. Auf ihrer Paradestrecke trifft die 29 Jahre alte Ausnahmeathletin von den Bahamas unter anderem auf das Berliner Duo Alica Schmidt und Skadi Schier (beide SCC Berlin), Luna Thiel (VfL Wolfsburg) und Elisa Lechleitner (LAZ Ludwigsburg). Das deutsche Quartett zählte zu den Staffel-Teams bei der WM in Budapest.

Shaunae Miller-Uibo reist mit ihrem Sohn und ihrem Mann, dem estnischen Weltklasse-Zehnkämpfer Maicel Uibo, nach Deutschland. „An alle Mütter da draußen: Ihr könnt alles erreichen, was Ihr Euch vornehmt. Aber achtet darauf, dass Ihr es in Eurem eigenen Tempo macht“, schrieb Shaunae Miller-Uibo Anfang Juli bei Instagram. „2,5 Monate nach der Geburt habe ich beschlossen, auf die Laufbahn zurückzukehren. Es geht mir großartig.“ Bei der WM in Budapest startete sie vor zehn Tagen als Titelverteidigerin. „Es war aufregend, ich habe es wirklich genossen“, sagte die 29-Jährige nach ihrem Rennen.

Zwar schied sie nur vier Monate nach der Geburt ihres Sohnes im Vorlauf (52,65 sec) aus. Doch überhaupt in Budapest im Startblock zu sitzen, war ein großer Sieg. „Mein Körper hat sich etwas verändert, aber ich fühle mich auch stärker. Es braucht Zeit, aber die wichtigste Botschaft ist: Wir kommen zurück!“ Am Donnerstag in Zürich war sie schon fast eine Sekunde schneller und gewann das Rennen mit 51,83 Sekunden. Im kommenden Jahr bei den Olympischen Spielen will Shaunae Miller-Uibo den Gold-Hattrick. Auf dem Weg nach Paris feiert sie ihre ISTAF-Premiere. „Ich freue mich riesig auf das ISTAF im Berliner Olympiastadion mit der schnellen Bahn und dem tollen Publikum“, so der 400-Meter-Star.

Da Shaunae Miller-Uibo natürlich noch nicht wieder in Top-Form ist, dürfte die U23-EM-Zweite Henriette Jaeger (Norwegen; PB: 51,06 sec) erste Anwärterin auf den Sieg sein. Luna Thiel kehrt beim ISTAF an die Stätte ihres größten Erfolgs zurück. 2022 siegte die 23-Jährige sensationell im Olympiastadion mit 51,28 Sekunden.

 

5.000 Meter: Letesenbet Gidey läuft, der Meetingrekord wackelt

Mit Letesenbet Gidey startet eine absolute Ausnahmeathletin beim ISTAF. Die 25-jährige Äthiopierin zählt schon jetzt zu den besten Läuferinnen aller Zeiten und hält aktuell die Weltrekorde über 10.000 Meter (29:01,03 min) und im Halbmarathon (62:52 min). Auch über 5.000 Meter lief Letesenbet Gidey 2020 mit 14:06,62 Minuten bereits einen Weltrekord. Der wurde ihr im Juni von Doppel-Weltmeisterin Faith Kipyegon (Kenia; 14:05,20 min) knapp entrissen. Bei der WM in Budapest gewann die Äthiopierin vor zwei Wochen Silber über 10.000 Meter.

„Ich freue mich, meine Bahnsaison beim ISTAF in Berlin zu beenden“, sagte Letesenbet Gidey, die für ein schnelles Rennen im Olympiastadion optimale Rahmenbedingungen bekommt. Ihr Team installiert „Wavelights“ rund um die blaue Bahn. Die farbigen LED-Lichter fungieren während des gesamten Rennens als zusätzliche „optische Tempomacher“. Natürlich ist Letesenbet Gidey die klare Favoritin auf den ISTAF-Sieg und in der Lage, den mittlerweile 22 Jahre alten Meetingrekord von 14:29,32 Minuten zu unterbieten.

Zu den größten Herausforderinnen könnten 5.000-Meter-Debütantin Edina Jebitok (Kenia) und die US-Läuferin Karissa Schweizer mit einer Bestzeit von 14:26,34 Minuten zählen. Aus deutscher Sicht müssen die Fans auf Vera Coutellier (ASV Köln) achten. Die 27-Jährige zählt mittlerweile zu den stärksten deutschen 1.500-Meter-Läuferinnen und möchte beim ISTAF ihre 5.000-Meter-Bestzeit von 15:42,25 Minuten steigern.

 

100 Meter Hürden: Weltmeisterin Danielle Williams will ersten ISTAF-Sieg

Die schnellste Hürdensprinterin der Welt kommt ins Berliner Olympiastadion! Danielle Williams (Jamaika) hatte in einer Zentimeter-Entscheidung im WM-Finale von Budapest über 100 Meter Hürden auf der Innenbahn mit 12,43 Sekunden die Nase vorn und krönte sich zur Weltmeisterin. Bei zwölf Wettkämpfen in diesem Jahr war es erst der zweite Sieg für die neue Weltmeisterin Danielle Williams – und dann ausgerechnet im WM-Finale. Ein perfektes Timing! Ähnlich wie 2015 in Peking. Damals sprintete die Jamaikanerin knapp vor der Leipzigerin Cindy Roleder zu WM-Gold. „Als ich 2015 gewonnen habe, war das unglaublich. Es hat mich viel harte Arbeit gekostet, viele Jahre voller Mühen und Verletzungen, um wieder so weit zu kommen“, jubelte Danielle Williams nach ihrem Gold-Lauf von Budapest.

Zehn Tage später muss sich die 30-Jährige auf der schnellen blauen Bahn des Olympiastadions gegen Weltklasse-Konkurrenz behaupten. Mit Tia Jones (USA; 12,39 sec) und Megan Tapper (Jamaika; 12,44 sec) kommt ein starkes Duo mit ähnlichen Saisonbestzeiten zum ISTAF. Für Danielle Williams ist es übrigens nicht der erste ISTAF-Start. Schon 2017 war sie bei Deutschlands größtem Leichtathletik-Meeting dabei und lief mit 12,58 Sekunden auf den zweiten Platz. Nun soll als frisch gekürte Weltmeisterin natürlich der erste Sieg im Olympiastadion her.

Traditionell ist das ISTAF die Bühne für Deutschlands Top-Talente. Über 100 Meter Hürden ist mit Rosina Schneider (TV Sulz) die Doppel-Europameisterin der U20 dabei. In Jerusalem triumphierte die 19-Jährige Anfang August mit 13,06 Sekunden und gewann zudem mit der deutschen 4×100-Meter-Staffel den Titel. Mit ihrer Bestzeit führt Rosina Schneider sogar die deutsche Bestenliste der Frauen an. Mit Franziska Schuster (TSV Bayer 04 Leverkusen) ist die Deutsche Meisterin und U23-EM-Vierte am Start. Die 21-Jährige konnte sich in diesem Jahr auf 13,11 Sekunden steigern und will eine starke Saison beim ISTAF gebührend beenden. Gleiches gilt für ihre Teamkameradin Marlene Meier, die Deutsche Meisterin von 2022.

 

Weitsprung: Spannender Wettbewerb um den ISTAF-Sieg

Publikumsliebling Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) fehlt in diesem Jahr beim ISTAF. Die Olympiasiegerin musste aufgrund eines Muskelfaserrisses die WM-Saison vorzeitig beenden. Damit ist die ISTAF-Siegerin des Vorjahrs aus dem Rennen und die Entscheidung absolut offen. Mit der besten Saisonweite geht Mikaelle Assani (SCL Heel Baden-Baden) im Olympiastadion an den Start. Allerdings konnte die 21-Jährige ihre Ende Mai erzielte Bestleistung von 6,91 Metern zuletzt nicht bestätigen. Gleiches gilt für die jamaikanische Meisterin Tissannia Hickling (SB/PB: 6,85 m).

Sogar schon glatte sieben Meter ist Jazmin Sawyers bei ihrem Hallen-EM-Sieg Anfang März gesprungen. Die Top-Form konnte die Britin nicht in die Sommersaison mitnehmen. Trotzdem ist sie eine Sieganwärterin beim ISTAF. Jazmin Sawyers: „Das ISTAF ist für mich jedes Jahr ein Highlight. Ich freue mich immer darauf, wieder vor dem Berliner Publikum zu springen. Ich weiß, dass es eine unbeschreibliche Atmosphäre bieten wird.“

In starker Form präsentierte sich bei der WM in Budapest Taliyah Brooks. Die US-Amerikanerin lag im Siebenkampf bis zur fünften Disziplin auf Medaillenkurs. Dann folgte in Budapest ausgerechnet im Weitsprung ein „Salto Nullo“. Dass sie es besser kann, möchte die 28-Jährige nur zu gern beim ISTAF beweisen. Wie es sich anfühlt ganz oben zu stehen, weiß Nikola Horowska. Die Polin gewann Anfang August gleich zweimal bei den World University Games über 200 Meter und im Weitsprung.

In diesem sehr ausgeglichenen Weitsprung-Feld könnten zwei deutsche Youngster für Überraschungen sorgen. Sowohl die 23-jährige Lea Jasmin Riecke (Mitteldeutscher SC) als auch die 19-jährige Laura Raquel Müller (Unterländer LG) sprangen mit 6,60 bzw. 6,51 Metern in diesem Sommer neue Bestleistungen. Nun können sie ein erfolgreiches Jahr auf großer Bühne mit einer starken Leistung gebührend ausklingen lassen. Ebenfalls dabei ist die Siebenkampf-WM-Siebte Sophie Weißenberg (TSV Bayer 04 Leverkusen), die mit einer Bestleistung von 6,49 Metern zu den starken Weitspringerinnen unter den Siebenkämpferinnen zählt.

 

Diskuswurf: Valarie Allman peilt den 70-Meter-Hattrick an

Deutschlands beste Diskuswerferinnen treffen beim ISTAF auf Weltklasse-Konkurrentinnen. Olympiasiegerin und ISTAF-Fan Valarie Allman, die vor zehn Tagen im hochklassigen WM-Finale in Budapest Zweite mit 69,23 Metern wurde, ist im Berliner Olympiastadion ebenso dabei wie die WM-Vierte Jorinde van Klinken (Niederlanden). „Ich liebe das Publikum und das Stadion. Sie geben mir so eine tolle Energie. Das ISTAF ist mein absolutes Lieblingsmeeting“, schwärmte die US-Amerikanerin Valarie Allman nach dem Leichtathletik-Spektakel im vergangenen Jahr.

Zweimal war die Olympiasiegerin bislang beim ISTAF am Start, zweimal gelangen ihr Würfe über die magische 70-Meter-Marke. Ihre 71,16 Meter im Jahr 2021 bedeuteten sogar ISTAF- und Nordamerika-Rekord. 2022 ließ die 28-Jährige 70,06 Meter folgen. Nun könnte für Valarie Allman der 70-Meter-Hattrick im Olympiastadion folgen. Auch die niederländische WM-Vierte Jorinde van Klinken hat den Ein-Kilogramm-Diskus bereits über 70 Meter weit geworfen. Ihre Bestleistung steht bei 70,22 Metern.

Herausgefordert werden beide unter anderem von vier deutschen Top-Werferinnen: Neben der Olympia-Zweiten und WM-Sechsten Kristin Pudenz (SC Potsdam) sowie Shanice Craft (SV Halle) sind auch Marike Steinacker (TSV Bayer 04 Leverkusen) und Julia Harting (SC Neubrandenburg) im Olympiastadion am Start. „Ich freue mich ‚mega‘ auf das ISTAF“, sagt Julia Harting. Die Berlinerin hat vor dem TV das WM-Finale im Diskuswurf verfolgt und mit ihren Teamkolleginnen mitgefiebert. „Pudi und Shanice haben bei der WM einen tollen Wettkampf gemacht“, so Julia Harting. „Für uns ist das ISTAF das einzige große Meeting in einem deutschen Stadion und ein toller Abschluss mit den heimischen Fans.“

 

Männer

200 Meter: Joshua Hartmann peilt schnelle Zeit an

Die Sommersaison glich für Joshua Hartmann bislang einer Achterbahnfahrt. Zunächst ging’s für den Sprinter vom ASV Köln steil bergauf bis zum neuen deutschen 200-Meter-Rekord von 20,02 Sekunden, erzielt bei den Deutschen Meisterschaften Anfang Juli in Kassel. Dann folgte bei der WM eine Vollbremsung mit dem überraschenden Aus im 200-Meter-Vorlauf. Nun will sich der Rekord-Sprinter beim ISTAF mit einer starken Zeit in die Saisonpause verabschieden.

Die Konkurrenz für den Deutschen Meister hat es allerdings in sich. Drei Sprinter konnten bereits die 20-Sekunden-Marke in ihrer Karriere unterbieten. Beispielsweise Blessing Afrifa. Der Israeli lief 2023 zu Doppel-Gold bei der U23-EM, seine Bestzeit von 19,96 Sekunden datiert aus dem Vorjahr, als er U20-Weltmeister wurde. Auch Adam Gemili (Großbritannien), WM-Vierter mit der Staffel, und Josephus Lyles (USA), jüngerer Bruder von Dreifach-Weltmeister Noah Lyles, konnten mit 19,97 bzw. 19,93 Sekunden schon die prestigeträchtige 20-Sekunden-Marke unterbieten. Allerdings kamen sie in diesem Jahr noch nicht an ihre Bestzeiten heran.

Anders Charlie Dobson. Der 400-Meter-Spezialist verbesserte sich in diesem Sommer auf 20,19 Sekunden. Bei der WM in Budapest zählte er zur Bronze-Staffel Großbritanniens über 4×400 Meter. Wenn er die WM-Form konserviert hat, ist er beim ISTAF einer der Top-Favoriten. Gleiches gilt für Elijah Morrow (USA) mit einer Bestzeit von 20,15 Sekunden. Auf 20,64 Sekunden hat sich Kevin Ugo in diesem Sommer gesteigert. Damit hat sich der Wattenscheider den Start im Olympiastadion verdient. Weitere Steigerung? Nicht ausgeschlossen!

 

400 Meter: Deutsches Staffel-Quartett in Top-Form am Start

Der Einzug ins WM-Finale blieb der deutschen 4×400-Meter-Staffel in Budapest knapp verwehrt. Mit 3:00,67 Minuten lief das Quartett allerdings die schnellste Zeit einer deutschen Staffel in diesem Jahrtausend. Beim ISTAF ist der komplette „Vierer“ mit Jean Paul Bredau (SC Potsdam), Marvin Schlegel (LAC Erdgas Chemnitz), Lokalmatador Marc Koch (LG Nord Berlin) und dem Deutschen Meister Manuel Sanders (LG Olympia Dortmund) dabei.

Speziell hinter Manuel Sanders liegt eine starke Saison. In den vergangenen Jahren waren Zeiten unter 46 Sekunden die Ausnahme für den Zwei-Meter-Mann. In dieser Saison ist der Dortmunder in allen (!) Rennen unter dieser Marke geblieben. Und das sehr oft deutlich. Bei seinem DM-Triumph in Kassel kratzte Manuel Sanders mit 45,07 Sekunden sogar an der 45-Sekunden-Marke. Es war die schnellste Zeit eines deutschen Viertelmeilers seit 20 Jahren. 2003 lief der damals amtierende Vize-Weltmeister Ingo Schultz 45,06 Sekunden.

Schnelle Rennen zeigte in den vergangenen Wochen und speziell in den Staffelrennen bei der WM in Budapest auch Jean Paul Bredau. Der Potsdamer steigerte sich 2023 deutlich auf 45,67 Sekunden, im Berliner Olympiastadion könnte er zum Saisonabschluss in ähnliche Bereiche laufen. Die internationale Konkurrenz beim ISTAF hat eine vergleichbare Leistungsklasse wie die deutschen Langsprinter. Mit einer Saisonbestzeit von 45,73 Sekunden könnte der Ire Christopher O‘Donnell für den Sieg auf der blauen Bahn gut sein. Gleiches gilt für den Belgier Robin Vanderbemden mit einer Saisonbestzeit von 45,69 Sekunden.

 

1.500 Meter: Großes Feld auf der blauen Bahn

Die 1.500 Meter haben sich in den vergangenen Jahren in der Breite extrem entwickelt. Das wird man auch beim ISTAF sehen. Gleich acht Läufer mit Bestzeiten unter 3:34 Minuten sind im Olympiastadion dabei. Die Schnellsten in dieser Saison sind George Mills (Großbritannien; 3:30,95 min), der am Donnerstag in Zürich Bestzeit lief, und Adel Mechaal (Spanien; 3:31,42 min). Der Spanier schaffte im WM-Halbfinale von Budapest das Kunststück, die Schnapszahl von 3:33,33 Minuten zu laufen. Zum Finale reichte diese Top-Zeit knapp nicht.

Noch etwas flotter war Tshepo Tshite (Südafrika) im WM-Halbfinale mit 3:32,98 Minuten. Der 26-Jährige bringt mit 1:44,59 Minuten eine starke 800-Meter-Bestzeit mit und könnte bei einer Spurtentscheidung eine gute Rolle spielen. Zwei erfahrene Tempomacher werden auf jeden Fall für eine schnelle Pace sorgen. Nicht ausgeschlossen, dass zum späten Saisonzeitpunkt einige Bestzeiten fallen werden.

Gleich fünf deutsche Top-Mittelstreckler tummeln sich in dem erlesenen Feld: Amos Bartelsmeyer (Eintracht Frankfurt; 3:34,39 min), Mohamed Abdilaahi (LG Olympia Dortmund; 3:35,69 min), Sam Parsons (SCC Berlin; 3:36,22), Maximilian Feist (TV Wattenscheid 01; 3;37,82 min) und 800-Meter-Spezialist Marc Reuther (Königsteiner LV; 3:40,03 min). Kann das Quintett lange im großen Feld mitschwimmen, sind schnelle Zeiten und vielleicht sogar die eine oder andere Bestleistung möglich.

 

110 Meter Hürden: Franzose Just Kwaou-Mathey in der Favoritenrolle

Mit dem Einzug ins WM-Finale hat es für Just Kwaou-Mathey vor wenigen Tagen in Budapest als Halbfinal-Zehnter knapp nicht geklappt. Nun will sich der Franzose den prestigeträchtigen Sieg beim ISTAF holen. Mit einer Saisonbestzeit von 13,09 Sekunden bringt der EM-Dritte den nötigen Speed auf jeden Fall mit. Der zweite heiße Kandidat auf Platz eins ist der US-Sprinter Michael Dickson mit einer Saisonbestzeit von 13,26 Sekunden.

Die Fans im Olympiastadion sollten außerdem auf Lorenzo Simonelli achten. Der 21-jährige Italiener hat sich als Zweiter der U23-EM auf 13,33 Sekunden verbessert und lief bei den nationalen Meisterschaften zum Titel. Natürlich fehlen auch die deutschen Hürdensprinter nicht im Olympiastadion. Der Deutsche Hallenmeister Tim Eikermann (TSV Bayer 04 Leverkusen) will zum Saisonausklang seine Jahresbestzeit von 13,75 Sekunden ein wenig nach oben schrauben. Vier Wochen nach seinem 19. Geburtstag startet mit Gavin Claypool (SCC Berlin) ein Top-Talent und Lokalmatador erstmals über die 1,07 Meter hohen Männerhürden. Und dann gleich auf der großen Leichtathletik-Bühne!

 

400 Meter Hürden: Ehrenrunde für den WM-Finalisten Joshua Abuaku

Exakt zum Saisonhöhepunkt war Joshua Abuaku in Top-Form. Der Frankfurter lief drei der vier schnellsten Rennen seiner Karriere bei der WM in Budapest. Als erster deutscher Langhürdler seit Harald Schmid vor 36 Jahren in Rom erreichte der 27-Jährige ein WM-Finale, das er auf der ungünstigen Innenbahn mit 48,53 Sekunden auf Platz acht beendete. Im Vorlauf lief der Schützling von Volker Beck sogar 48,32 Sekunden – schneller war in Deutschland nur Leichtathletik-Legende Harald Schmid.

Beim ISTAF trifft Joshua Abuaku erneut auf Rasmus Mägi. Der Dauer(b)renner aus Estland war ebenfalls bei der WM in Top-Form und stürmte mit 48,33 Sekunden auf Rang sieben. Es ist also alles angerichtet für ein schnelles Rennen im Olympiastadion. Ihre gute Form in dieser Saison wollen auf der blauen Bahn auch Constantin Preis (VfL Sindelfingen) und Lokalmatador Emil Agyekum (SCC Berlin) unter Beweis stellen. Der Sindelfinger ist mit 48,45 Sekunden der drittschnellste deutsche Langhürdler der Geschichte. Emil Agyekum lief gerade erst im WM-Halbfinale mit 48,71 Sekunden neue Bestzeit.

 

Hochsprung: Höhenjäger Tobias Potye im Anflug

Seine zwei besten Wettkämpfe der gesamten Karriere hat Hochspringer Tobias Potye (LG Stadtwerke München) in den vergangenen Wochen abgeliefert. Zunächst meisterte der Vize-Europameister Mitte Juli bei der Diamond League in Chorzow 2,34 Meter, dann bei der WM in Budapest 2,33 Meter. Nur ein Fehlversuch zu viel trennte den 28-Jährigen als WM-Fünfter von der Bronzemedaille. Seine starke Form will der Höhenjäger im Olympiastadion erneut unter Beweis stellen. Gelingt ihm das, könnte Tobias Potye das erste Mal beim ISTAF triumphieren.

Das hat auch Donald Thomas (Bahamas) in seiner langen Karriere noch nicht geschafft. Der Weltmeister von 2007 in Osaka sprang vor zwölf Jahren das erste Mal beim ISTAF. Mittlerweile ist Donald Thomas 39 Jahre alt und meisterte in diesem Sommer immer noch beachtliche 2,28 Meter. In 2,30-Meter-Form reist Hamish Kerr zum ISTAF. Dem Neuseeländer liegen die Wettkämpfe in Deutschland. So gewann er in diesem Sommer in Essen mit Bestleistung von 2,31 Metern und bei den „Regen-Festspielen“ in Heilbronn mit 2,28 Metern. Am Donnerstag in Zürich setzte er sogar noch einen drauf und flog gleich im ersten Versuch über 2,33 Meter. Neuer Landesrekord für Neuseeland!

Als zweiter deutscher Hochspringer ist Falk Wendrich (LAZ Soest) im Olympiastadion mit von der Partie. Der DM-Zweite hat in diesem Sommer bisher 2,25 Meter gemeistert. Vielleicht kann der 28-Jährige ja eine ähnliche Höhe vor großer Kulisse im Olympiastadion überqueren?

 

Stabhochsprung: Fünf Sechs-Meter-Springer heben beim ISTAF ab

Das ISTAF 2023 wird zur Flugshow: Im Berliner Olympiastadion starten gleich fünf Stabhochspringer, die bereits die magischen sechs Meter überquert haben. Das ist in den vergangenen zehn Jahren überhaupt nur elf Athleten gelungen. Mit dabei sind Vize-Weltmeister Ernest John Obiena (Philippinen, persönliche Bestleistung: 6,00 m), der WM-Dritte Chris Nilsen (USA, 6,05 m), der zweifache Weltmeister Sam Kendricks (USA, 6,06 m), der Nordamerika-Rekordler KC Lightfoot (USA, 6,07 m) und der norwegische Rekordhalter Sondre Guttormsen (6,00 m).

Die internationalen Top-Springer messen sich auch mit zwei Athleten aus Deutschland: Oleg Zernikel (ASV Landau) und Gillian Ladwig (Schweriner SC). Mit KC Lightfoot und Sam Kendricks heben der dritt- und der viertbeste Stabhochspringer aller Zeiten (Freiluft) beim renommiertesten deutschen Leichtathletik-Meeting ab. Nur Olympiasieger und Weltrekordler Armand Duplantis (Schweden; 6,21 m) und Stabhochsprung-Legende Sergey Bubka (Ukraine; 6,14 m) sind unter freiem Himmel jemals höher gesprungen.

 

Speerwurf: Julian Weber will Vorjahressieg wiederholen

Fünf Tage nach seinem 29. Geburtstag kann sich der in Berlin lebende Julian Weber (USC Mainz) nachträglich beschenken. Der Speerwurf-Europameister peilt beim ISTAF seinen zweiten Sieg nach 2022 an. Gleichzeitig wäre der Sieg bei seinem Heimspiel eine kleine Wiedergutmachung für die knapp verpasste Medaille bei der WM in Budapest. Mit einer Saisonbestleistung von 88,72 Metern und insgesamt sieben Wettkämpfen mit Weiten von mehr als 85 Metern ist Julian Weber der beständigste und aktuell stärkste Werfer in der ISTAF-Konkurrenz.

Mit 32 Jahren hat Timothy Herman 2023 eine wahre Leistungsexplosion hingelegt. Der Belgier verbesserte Mitte Mai den Landesrekord auf 87,35 Meter. Seine Bestleistung steigerte er dabei gleich um fast sechs Meter. Danach konnte der WM-Zwölfte aber nicht mehr an die Form des Frühjahrs anknüpfen. Eine konstantere Form konnte zuletzt Edis Matusevicius abrufen. Nach seinem Sieg bei den World University Games wurde der 27-Jährige in Budapest WM-Achter. Mit einer Bestleistung von 89,17 Metern könnte der Litauer durchaus für eine Überraschung im Olympiastadion sorgen.

Mit Thomas Röhler (LC Jena) und Max Dehning (TSV Bayer 04 Leverkusen) sind zwei Generationen deutscher Speerwerfer beim ISTAF dabei. Der Olympiasieger von 2016, mittlerweile 31 Jahre, kämpft sich nach schwierigen Jahren wieder an die 80-Meter-Marke heran. Max Dehning, 18 Jahre jung, warf als Zweiter der U20-EM den Speer auf 78,07 Meter. Seine Bestleistung lieg sogar bei 79,13 Metern. Vielleicht folgt ja die 80-Meter-Premiere des Teenagers beim ISTAF?

 

100 Meter Para-Sprinter: Paralympische Asse auf schneller Bahn

Das 100-Meter-Finale bei den Paralympics 2021 in Tokio ist als episches Rennen in die Sportgeschichte eingegangen. Die unterschenkelamputierten Sprinter der Startklasse T64 rasten nur um wenige Zentimeter getrennt ins Ziel. Die ersten Vier trennten lediglich drei Hundertstelsekunden. Knapp das Nachsehen hatte Sherman Guity Guity (Costa Rica), der mit 10,78 Sekunden die Goldmedaille nur um zwei Hundertstel verpasste. Beim ISTAF ist Sherman Guity Guity, der bei der Para-WM vor einigen Wochen in Paris mit 10,79 Sekunden ebenfalls Silber gewann, der Favorit in seiner Startklasse.

Denn im 100-Meter-Rennen werden verschiedene paralympische Startklassen vertreten sein. Darum können durchaus größere Abstände auch auf den 100 Metern entstehen. So startet Newcomer Andreas Walser in der Klasse T12 der sehbehinderten Athleten. Der Augsburger leidet an der fortschreitenden Augenkrankheit Retinitis Pigmentosa und hat auf beiden Augen nur noch wenige Prozent Sehkraft. Andreas Walser ist nicht nur schnell, sondern auch ein starker Weitspringer. Im Juli wurde er in Paris bereits WM-Fünfter. Sein nächstes Ziel ist ebenfalls Paris. Dort stehen 2024 neben den Olympischen Spielen auch die Paralympischen Spiele auf dem Programm. Dort will auch Zac Shaw für Furore sorgen. Der Brite startet ebenfalls in der Startklasse T12 und lief vor einigen Wochen als Dritter der Para-WM mit 10,85 Sekunden eine neue Bestzeit.

 

Para-Kugelstoßen: Kappel und Co. wollen nächste ISTAF-Show

Im vergangenen Jahr gelang den kleinwüchsigen Kugelstoßern beim ISTAF Historisches. Diesmal wollen Weltrekordler Niko Kappel und Co. im Berliner Olympiastadion wieder Geschichte schreiben. „Wenn ich an das ISTAF 2022 zurückdenke, bekomme ich immer noch Gänsehaut“, sagt Publikumsliebling Niko Kappel vom VfB Stuttgart. „Egal, mit wem ich mich über unseren Sport spreche – allen erzähle ich, dass das ISTAF 2022 mein absoluter Lieblingswettbewerb war.“ Mit Niko Kappel (14,27 m) und dem US-Amerikaner Hagan Landry (14,07 m) schafften gleich zwei Athleten in einem Wettkampf Weiten über 14 Meter. Das hatte es zuvor in keinem großen Para-Event gegeben!

Bei der Para-WM in Paris vor wenigen Wochen holte Niko Kappel (14,49 m) Silber vor Landry (13,48 m). Im Olympiastadion in Berlin treffen die beiden Para-Stars auf den zweimaligen Weltmeister und dreimaligen Europameister Bartosz Tyszkowski aus Polen. „Ich freue mich riesig. Bei meinem Heimspiel gegen die Jungs will ich auf jeden Fall wieder gewinnen und den Meetingrekord aus dem Vorjahr verbessern. Und mein großes Ziel ist es natürlich, endlich einmal die verflixte Marke zu knacken“, blickt Niko Kappel voller Vorfreude aufs ISTAF. Der 28 Jahre alte Stuttgarter hält mit 14,99 Metern den Weltrekord in der Klasse F41 (über 1,30 m Körpergröße). Sein Ziel: die 15,00 Meter mit der Vier-Kilo-Kugel!

Aufgrund des großen Erfolgs des Para-Kugelstoßens in den Vorjahren wurde der Wettbewerb in diesem Jahre erweitert: Erstmals treten auch drei Weltklasse-Athletinnen (F40) an. Die WM-Vierte Lara Baars (Niederlande), die mit Niko Kappel in Stuttgart trainiert, und die WM-Siebte Mary Fitzgerald (Irland) fordern die Weltmeisterin und Weltrekordlerin Renata Śliwińska heraus. Die Polin steigerte im Juli bei der WM in Paris die Rekordmarke auf 9,21 Meter. Vielleicht geht’s beim ISTAF ja in ähnliche Regionen.