Welche Stars gehen an den Start? Wer hat Chancen auf den Sieg? Das erwartet die Leichtathletik-Fans am Sonntag, 1. September, im Berliner Olympiastadion. // Stand: 30.08., 8 Uhr
Diskuswurf (Frauen): Sieben Olympia-Finalistinnen und ein Abschied
Gleich die erste Entscheidung des ISTAF 2024 hat es in sich. Im Diskuswurf stehen sieben Finalistinnen des olympischen Finals von Paris im Ring. Angeführt wird das Feld von der Olympia-Vierten Marike Steinacker. Die Leverkusenerin verpasste nur ganz knapp den Sprung aufs Paris-Podest. Nicht nur bei den Olympischen Spielen zeigte Marike Steinacker ihr Können, schon zuvor hatte sie ihre Bestleistung auf starke 67,31 Meter gesteigert.
Mit der Olympia-Sechsten Claudine Vita (SC Neubrandenburg) und der Deutschen Meisterin und Olympia-Zehnten Kristin Pudenz (SC Potsdam) sind zwei weitere deutsche Paris-Finalistinnen mit im Ring. Gleiches gilt für Vanessa Kamga (Schweden; Olympia-Fünfte), Jorinde van Klinken (Niederlande; Olympia-Siebte), Daisy Osakue (Italien; Olympia-Achte) und Diskus-Dauerbrennerin Mélina Robert-Michon. Die 45-jährige Französin erlebte in Paris ihre siebten Olympischen Spiele seit 2000 in Sydney und sprach bei der Eröffnungsfeier den olympischen Eid. Die Olympia-Zweite von 2016 wurde in Paris noch einmal Zwölfte.
Zum letzten Mal wird Julia Harting (SC Neubrandenburg) beim ISTAF den Diskusring betreten. Die 34-Jährige beendet im Olympiastadion ihre große Karriere. Die Berlinerin gewann unter anderem 2016 bei den Europameisterschaften in Amsterdam die Silbermedaille (65,77 m). Ihr Ausnahmetalent bewies Julia Harting bereits als Jugendliche. So sicherte sie sich 2007 den Titel bei den U18-Weltmeisterschaften, Medaillen folgten bei der U20-WM 2008 und der U20-EM 2009 (jeweils Silber) sowie Gold bei der U23-EM 2011. Schon im Jahr darauf gelang ihr der internationale Durchbruch in der Frauenklasse. Seitdem zählt Julia Harting zur Weltspitze.
Zu dieser gehört natürlich auch Shanice Craft (SV Halle). Die 31-Jährige verpasste aufgrund der starken nationalen Konkurrenz die Olympia-Qualifikation nur denkbar knapp. Sie möchte natürlich ihr Potenzial beim ISTAF auf großer Leichtathletik-Bühne zeigen.
Dreikampf (100 m, Diskus, 1500 m / Männer): Silber-Held Leo Neugebauer voller Vorfreude auf ISTAF-Premiere
Nach dem packenden Olympia-Zehnkampf in Paris mit Olympia-Silber durch Leo Neugebauer (VfB Stuttgart) steht erstmals beim ISTAF ein Dreikampf auf dem Programm. Beim größten deutschen Leichtathletik-Meeting treten die „Könige der Athleten“ in den Disziplinen 100 Meter, Diskuswurf und 1500 Meter an. Das Besondere: Im abschließenden Lauf starten die Athleten nach der sogenannten Gundersen-Methode, sodass der Sieger des Laufs auch der Gewinner des ISTAF-Dreikampfs ist und nicht nach dem Rennen errechnet werden muss. Die Gundersen-Methode kennen Sportfans aus der Nordischen Kombination. Der nach zwei Disziplinen führende Athlet startet also als Erster. Der Abstand der weiteren Starter errechnet sich dann aus dem Punkterückstand.
Favorit ist natürlich Leo Neugebauer. Der Olympia-Zweite ist ein starker 100-Meter-Sprinter und ein herausragender Diskuswerfer. „Ich verfolge das ISTAF schon lange und habe so viel Positives von den anderen im Team gehört. Jetzt starten wir Zehnkämpfer gemeinsam im ISTAF-Dreikampf – wie cool“, so Leo Neugebauer. „Die Stimmung wird einmalig sein. Ich freue mich, gemeinsam mit den vielen Fans in Berlin zu feiern.“ Allerdings muss sich der 24-Jährige auch einen schönen Vorsprung erarbeiten, um die Konkurrenz auf Distanz zu halten.
Denn die 1.500 Meter zählen anders als bei Niklas Kaul (USC Mainz) nicht zu seinen Lieblingsdisziplinen. Der Europameister von 2022 kann im finalen Wettbewerb viele Sekunden gutmachen. So ist Spannung bis zum Zielstrich garantiert. Mit Manuel Eitel (SSV Ulm 1846), der die Olympischen Spiele aufgrund einer Corona-Erkrankung verpasste, und dem Deutschen Meister Marcel Meyer (Hannover 96) sind zwei weitere deutsche 8.000-Punkte-Zehnkämpfer mit dabei. Sie müssen sich gegen starke internationale Konkurrenz um den Schweizer Austin Huber und den Italiener Dario Dester behaupten.
Kugelstoß (Frauen): Olympiasiegerin Yemisi Ogunleye feiert ISTAF-Premiere
Sie sorgte mit Gold für eine der größten Sensationen der Olympischen Spiele von Paris: Yemisi Ogunleye (MTG Mannheim) beförderte in Paris die Vier-Kilo-Kugel im finalen sechsten Versuch der Olympia-Entscheidung auf glatte 20,00 Meter. Damit war der 25-Jährigen der größtmögliche sportliche Triumph nicht mehr zu nehmen. Beim ISTAF werden die Fans der Olympiasiegerin einen großen Empfang bereiten.
Dass die Form vor ihrer ISTAF-Premiere noch immer passt, zeigte Yemisi Ogunleye bei der Diamond League vergangene Woche in Lausanne, als sie mit 19,55 Metern Rang zwei belegte. Natürlich sind auch die deutschen Olympia-Starterinnen Alina Kenzel (VfB Stuttgart) und Katharina Maisch (LV 90 Erzgebirge) im Olympiastadion dabei. Für beide sind konstante 18-Meter-Weiten das Ziel.
Die internationale Konkurrenz wird es der Olympiasiegerin allerdings nicht einfach machen, um bei ihrer ISTAF-Premiere zu triumphieren. Allen voran mit Europameisterin Jessica Schilder ist zu rechnen. Die Niederländerin steigerte vor den Olympischen Spielen den Landesrekord auf 20,33 Meter. Allerdings ist ihre Streuung bei den Weiten ziemlich extrem. Auch Maggie Ewen (USA) bringt mit 20,45 Metern eine Weltklasse-Bestleistung mit. Danniel Thomas-Dodd (Jamaika; Bestleistung: 19,77 m), Vize-Weltmeisterin 2019, hat ebenfalls schon an der 20-Meter-Marke gekratzt. Gleiches gilt für Vize-Europameisterin Jorinde van Klinken (Niederlande; Bestleistung: 19,57 m), die zuvor auch beim Diskuswerfen mitmischt.
Stabhochsprung (Männer): Deutsches Trio beim ISTAF gegen drei Sechs-Meter-Springer
Weltklasse-Stabhochsprung erwartet die Leichtathletik-Fans beim ISTAF: Die deutschen Top-Athleten Torben Blech (TSV Bayer 04 Leverkusen), Bo Kanda Lita Baehre (ART Düsseldorf) und Oleg Zernikel (ASV Landau) messen sich im Berliner Olympiastadion mit gleich drei Sechs-Meter-Springern. Der Sprung über die „magische Stabhochsprung-Marke“ ist in den vergangenen zehn Jahren überhaupt nur zwölf Athleten gelungen. Neben dem WM-Dritten Christopher Nilsen (USA, 6,05 m) ist auch der zweimalige Weltmeister Sam Kendricks (USA, 6,06 m) beim ISTAF dabei. Der Publikumsliebling gewann in Paris Silber und ist auch nach den Olympischen Spielen in absoluter Top-Form. Erst am vergangenen Wochenende sprang der 31-Jährige beim Diamond-League-Meeting in Polen 6,00 Meter. Das Sechs-Meter-Trio beim ISTAF komplettiert der 37 Jahre alte Franzose Renaud Lavillenie. Der Olympiasieger von London 2012 und Weltrekordhalter von 2014 bis 2020 war jahrelang der König der Lüfte, ehe der Schwede Mondo Duplantis das Zepter übernahm. Mit 6,16 Metern ist Renaud Lavillenie der zweitbeste Stabhochspringer aller Zeiten.
Das deutsche Trio möchte in diesem starken Feld natürlich eine gute Rolle spielen. Dass die Form passt, bewiesen Bo Kanda Lita Baehre und Oleg Zernikel bei den Olympischen Spielen – sie teilten sich mit 5,70 Metern Platz neun. Torben Blech verpasste in Paris zwar das Finale, hat in diesem Jahr mit neuer Bestleistung und als EM-Sechster sein enormes Potenzial aber schon unter Beweis gestellt.
100 Meter Hürden (Frauen): Wackelt der Uralt-Meetingrekord?
Der ISTAF-Rekord über 100 Meter Hürden ist einer der ältesten der Meeting-Geschichte. 1986 siegte Ex-Weltrekordlerin Yordanka Donkova (Bulgarien) im Olympiastadion mit 12,37 Sekunden. Eine bisher nicht unterbotene Zeit in der ISTAF-Geschichte. Die Marke könnte allerdings am Sonntag wackeln. Denn mit Ackera Nugent ist ein absoluter Top-Star mit dabei. Die Jamaikanerin steigerte den Landesrekord Ende Juni auf 12,28 Sekunden und kam vergangene Woche in Lausanne bei Gegenwind mit 12,38 Sekunden bis auf eine Zehntelsekunde an ihre Bestmarke heran. Drei Tage später steigerte sie den Meeting-Rekord beim Diamond-League-Meeting in Chorzów auf 12,29 Sekunden. Sie ist also in Top-Form!
Auch hinter der 22-Jährigen sind weitere Weltklassesprinterinnen im Olympiastadion mit von der Partie. Nach der verpassten Olympia-Qualifikation aufgrund starker nationaler Konkurrenz wollen Alexandra Webster (USA; Bestzeit: 12,70 sec) und die WM-Zweite von 2022, Britany Anderson (Jamaika; Bestzeit 12,31 sec), noch einmal schnelle Zeiten abliefern. Mittendrin in diesem Klassefeld: Marlene Meier. Die 22-jährige Leverkusenerin unterbot in diesem Jahr mit 12,96 Sekunden erstmals die 13-Sekunden-Marke. Zu gern würde sie im Olympiastadion zum Saisonabschluss noch einmal in diesen Bereich sprinten.
110 Meter Hürden (Männer): Großmeister Grant Holloway und die Jagd nach dem Meeting-Rekord
Er hat in diesem Jahr alle Rennen über 110 Meter Hürden gewonnen – bis auf eins. Über 60 Meter Hürden in der Halle ist er sogar seit zehn Jahren ungeschlagen. Anfang August schnappte er sich Olympia-Gold in Paris. Zudem gingen die letzten fünf (!) WM-Titel im Freien und in der Halle an ihn: Grant Holloway. Der US-Star ist schlicht und einfach der absolute Hürdensprint-König. Am Sonntag wird der 26-Jährige den Fans beim ISTAF im Berliner Olympiastadion sein Können zeigen.
Mit dem Start löst der Olympiasieger sein Versprechen ein. Denn eigentlich wollte Grant Holloway schon beim ISTAF INDOOR am 23. Februar in Berlin starten. Erst die finale Vorbereitung für die Hallen-WM machten ihm einen Strich durch die Rechnung. Doch Grant Holloway wollte unbedingt bei nächster Gelegenheit beim ISTAF dabei sein: „Ich freue mich darauf, zum ISTAF zu kommen, um die tolle Atmosphäre zu genießen und euch allen eine tolle Show zu bieten“, schrieb er auf Instagram.
Am Sonntag ist es nun so weit. Und wenn Grant Holloway startet, dann wackelt in der Regel der Meetingrekord. Den ISTAF-Rekord hält seit 2012 mit 12,97 Sekunden Weltrekordler Aries Merritt (USA). Diese Marke kann der Hürdenstar beim ISTAF durchaus knacken. Schließlich steht der Schnitt seiner zehn schnellsten Hürdenrennen bei exzellenten 12,94 Sekunden. In diesem Jahr führt – selbstverständlich – Grant Holloway die Weltjahresbestenliste mit superschnellen 12,86 Sekunden an. „Mit dem Olympiasieg ist ein großer Druck von meinen Schultern gefallen. Vielleicht kann ich jetzt sogar den Weltrekord angreifen“, schaut Grant Holloway selbstbewusst nach vorn. Die Bestmarke hat seit 2012 sein Landsmann Aries Merritt mit 12,80 Sekunden inne.
Die ISTAF-Verantwortlichen machen es dem Top-Star allerdings nicht einfach. Denn mit den Olympia-Finalisten Rachid Muratake (Japan; Saisonbestzeit: 13,04 sec) und Freddie Crittenden (USA; Saisonbestzeit: 12,93 sec), die in Paris auf die Plätze fünf und sechs liefen, steht ein Weltklasse-Duo als schnelle Konkurrenz auf der blauen Bahn. Dazu kommt Rio-Olympiasieger Omar McLeod (Jamaika). Das Finale in Paris verpasste Michael Obasuyi (Belgien; Saisonbestzeit: 13,20 sec) nur denkbar knapp. Sein Olympia-Debüt in Paris feierte das deutsche Hürden-Talent Manuel Mordi (Hamburger SV; Saisonbestzeit: 13,36 sec). Der 21-Jährige wird vor den großartigen Leichtathletik-Fans im Olympiastadion alles daransetzen, um die Saison mit einer Top-Zeit zu beschließen.
Weitsprung (Frauen): Deutsche Talente auf großer Bühne
Beim ISTAF ist Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) mal ganz anders gefordert. Statt im Olympiastadion auf Weitenjagd zu gehen, wird die Olympia-Zweite die FANZONE eröffnen und Autogramme schreiben. Die Nachwirkungen einer Corona-Infektion verhindern einen Start der Olympia-Zweiten beim ISTAF und bei weiteren Top-Meetings. Die Ausnahme-Athletin musste ihre Saison vorzeitig beenden.
Ohne Malaika Mihambo wollen andere Weitspringerinnen die große Bühne für weite Sätze nutzen. Dazu zählt auch ein junges deutsches Quartett. So stellten Malin Stavenow (Eintracht Frankfurt) und Samira Attermeyer (LG Olympia Dortmund) 2024 mit 6,62 bzw. 6,60 Metern neue Bestleistungen auf. Mit der Siebenkampf-Spezialistin Lucie Kienast (Eintracht Frankfurt), die in Götzis 6,50 Meter sprang, und Libby Buder (TSG Bergedorf; Bestweite: 6,47 m) wollen zwei weitere deutsche Talente ihr Können unter Beweis stellen.
Zu den besten Weitspringerinnen unter den Siebenkämpferinnen zählt seit Jahren Annik Kälin. Bei der EM in Rom stellte die Schweizerin mit 6,84 Metern eine neue Bestleistung auf. Noch 14 Zentimeter weiter ist Top-Athletin Quanesha Burks in ihrer Karriere gesprungen. Vielleicht gelingt der US-Amerikanerin ja beim ISTAF die Sieben-Meter-Premiere?
400 Meter Hürden (Männer): Macht Lokalmatador Emil Agyekum den nächsten Schritt?
Beim ISTAF 2023 lief Emil Agyekum mit 48,47 Sekunden Bestzeit. Diese steigerte der Athlet vom SCC Berlin in dieser Saison auf 48,36 Sekunden und wurde in Rom EM-Sechster. Beim ISTAF am Sonntag könnte für den 25-Jährigen der nächste Schritt folgen. Denn dass die Schnelligkeit passt, bewies der Deutsche Meister zuletzt mit tollen Staffelrennen bei der EM in Rom, als der deutsche „Vierer“ Bronze gewann, und bei den Olympischen Spielen in Paris.
Mit dem Franzosen Winfried Happio (Bestzeit: 47,41 sec) und dem US-Amerikaner Trevor Bassitt (Bestzeit: 47,38 sec) trifft Emil Agyekum auf ein schnelles Duo, das in seiner Karriere schon deutlich unter der 48-Sekunden-Marke geblieben ist. In diese Bereiche wollen in Zukunft natürlich auch die deutschen Langhürdler vorstoßen. Joshua Abuaku (Eintracht Frankfurt) war bei seinem ISTAF-Sieg 2023 in 48,12 Sekunden schon dicht dran. Außerdem sind im Olympiastadion der zweimalige Deutsche Meister Luke Campbell (Sprintteam Wetzlar; Bestzeit: 49,29 sec) und der erst 20-jährige Owe Fischer-Breiholz (Schweriner SC; Bestzeit: 49,52 sec) mit dabei.
400 Meter (Frauen): Schnelles deutsches Quartett fordert Olympia-Zweite
Pünktlich vor dem ISTAF kommt Eileen Demes (TV Neu-Isenburg) immer besser in Fahrt. Am vergangenen Samstag unterbot die 400-Meter-Hürden-Spezialistin erstmals die 55-Sekunden-Marke. Mit 54,80 Sekunden steigerte sie ihre Hürden-Bestzeit gleich um eine halbe Sekunde. Kann sie diese Form beim ISTAF über die „flachen“ 400 Meter zeigen, dürfte auch diese Bestzeit wackeln. Aktuell steht ihr Hausrekord „noch“ bei 51,63 Sekunden. Mit Lokalmatadorin Skadi Schier (SCC Berlin; Bestzeit: 51,82 sec), Luna Bulmahn (VfL Wolfsburg; Bestzeit: 51,28 sec) und Mona Mayer (LG Telis Finanz Regensburg; Bestzeit: 52,25 sec) wollen drei weitere deutsche Top-Langsprinterinnen auf großer Bühne einen schnellen Saisonabschluss feiern.
Das deutsche Quartett trifft auf der Stadionrunde auf schnelle Konkurrenz. Speziell Lisanne de Witte, Olympia-Zweite und Europameisterin mit der niederländischen 4×400-Meter-Staffel, ist für eine Top-Zeit gut. An das Olympiastadion hat sie zudem beste Erinnerungen. Denn auf der blauen Bahn in Berlin stellte sie mit 50,77 Sekunden vor sechs Jahren ihre Bestzeit auf. Mit Helena Ponette (Belgien; PB: 51,46 sec) ist eine weitere Olympia-Finalistin mit der 4×400-Meter-Staffel am Start.
Speerwurf (Männer): Julian Weber nimmt Anlauf zum ISTAF-Hattrick
Fünf Wettkämpfe über 87 Meter: Julian Weber (USC Mainz) ist 2024 in einer absolut beständigen Weltklasse-Form. Und am Sonntag beim ISTAF will der in Berlin lebende Vize-Europameister noch einmal zum großen Wurf ausholen. Denn sichert sich Julian Weber drei Tage nach seinem 30. Geburtstag im Olympiastadion den Sieg, würde er den „ISTAF-Hattrick“ bei seinem Heimspiel perfekt machen. Schon 2022 (84,90 m) und 2023 (84,09 m) war Julian Weber nicht zu schlagen. Dementsprechend werden ihn viele Freunde und Fans im Olympiastadion unterstützen.
Einfach wird das Unternehmen Hattrick für Julian Weber aber nicht. Denn gleich ein halbes Dutzend Speerwerfer mit Bestweiten von über 84 Metern wollen erstmals im Olympiastadion siegen. Den stärksten Eindruck haben zuletzt Olympia-Finalist Andrian Mardare (Moldawien; Bestleistung: 86,66 m), Alexandru Novac (Rumänien; Bestleistung: 86,57 m) und der Japaner Genki Dean (Bestleistung: 84,28 m) hinterlassen. Dem 32-Jährigen gelang vergangene Woche in Lausanne mit 83,19 Metern der beste Wurf seit 2020.
400 Meter (Männer): Schnelles deutsches Trio fordert einen Olympiasieger
Die 400 Meter haben sich in Deutschland zuletzt rasant entwickelt. So blieb Jean-Paul Bredau (SC Potsdam) beim ISTAF 2023 als erster Deutscher seit 20 Jahren unter der prestigeträchtigen 45-Sekunden-Marke. Natürlich zählte der Deutsche Meister wie Manuel Sanders (LG Olympia Dortmund) und Lokalmatador Marc Koch (LG Nord Berlin) zur deutschen Olympia-Staffel in Paris, die mit 3:00,29 Minuten ganz dicht an den Deutschen 4×400-Meter-Rekord heranlief und wenige Wochen zuvor in Rom EM-Bronze gewann.
Das Trio misst sich im Olympiastadion mit Weltklasse-Konkurrenz. Angeführt wird das schnelle Feld von Isaya Klein Ikkink. Der Niederländer trat sensationell als Olympiasieger die Heimreise aus Paris an. Denn der erst 21-Jährige gehörte zur Olympia-Mixed-Staffel, die in Paris mit Europarekord triumphierte. Knapp dahinter sicherten sich die Briten Bronze. Zur Staffel – wie zum Bronze-Quartett über 4×400 Meter – zählte Alex Haydock-Wilson. Nach seinen zwei Bronzemedaillen möchte der 25-Jährige den in Paris vor ihm platzierten Isaya Klein Ikkink beim ISTAF gern hinter sich lassen. Mit der schnellsten Bestzeit (44,90 sec) geht aber der Jamaikaner Zandrian Barnes ins Rennen.
600 Meter (Frauen): Christina Hering feiert Abschied mit Freundin und Weltmeisterin
Beim ISTAF verlässt die dominierende deutsche 800-Meter-Athletin der vergangenen zehn Jahre die Rundbahn: Christina Hering (LG Stadtwerke München). Die in Berlin lebende Mittelstrecklerin bestreite am Sonntag über 600 Meter das letzte Rennen ihrer Karriere. „Ich habe mir immer gewünscht, dass ich gesund, zufrieden und auf einem hohen Niveau die Leichtathletikbühne verlassen kann“, sagt Christina Hering. „2014, also vor genau zehn Jahren, durfte ich das erste Mal an der Startlinie beim ISTAF stehen. Ich verbinde so viele weitere tolle Momente mit dem Berliner Olympiastadion und dem ISTAF. Als Wahl-Berlinerin könnte ich mir kein besseres Event für mein letztes Rennen vorstellen.“ Bei ihrer ISTAF-Premiere – am 31. August 2014 – lief Christina Hering mit 2:01,25 Minuten übrigens Bestzeit. Am Sonntag wird ihr „Fanklub“ aus Familie und Freunden sie lautstark unterstützen.
Die 29-Jährige hat die 800 Meter in Deutschland über ein Jahrzehnt geprägt. Allein 15-mal (Freiluft und Halle) wurde Christina Hering Deutsche Meisterin über die zwei Stadionrunden. Oft dominierte die 1,85 Meter große Läuferin die Rennen mit ihrem typischen Laufstil: von der Spitze mit langen Schritten. Ihre Bestzeit von 1:59,41 Minuten lief Christina Hering 2019 in Pfungstadt. Insgesamt sechsmal unterbot sie in ihrer Karriere die prestigeträchtige Zwei-Minuten-Marke.
In Christina Herings Abschiedsrennen steht unter anderem Alica Schmidt (25, SCC Berlin) mit auf der Bahn. Herings Freundin und Berliner Trainingskollegin erwartet anderthalb emotionale Stadionrunden. „Gemeinsam mit den fantastischen ISTAF-Fans werden wir Christina einen würdigen Abschied bereiten“, sagt Alica Schmidt. „Fischi ist für unsere ganze Trainingsgruppe eine große Bereicherung gewesen – und wir sind sehr traurig darüber, dass sie sich nun vom Leistungssport verabschiedet. Die unzähligen Trainingsstunden, in denen wir uns gegenseitig gepusht haben, werden mir sehr fehlen. Fischi ist nicht nur eine gute Freundin geworden, sie hat mich auch zu einer besseren Athletin gemacht, mich täglich inspiriert und unterstützt.“
Große Favoritin auf den Sieg im 600-Meter-Rennen ist Mary Moraa (24). Die Kenianerin gewann vor wenigen Wochen bei den Olympischen Spielen in Paris über die 800-Meter-Bronze und 2023 in Budapest sogar WM-Gold. Dass die Weltmeisterin in Top-Form ist, bewies sie zuletzt mit ihrem 800-Meter-Sieg bei der Diamond League in Lausanne. Zudem bringt sie mit einer 400-Meter-Bestzeit von 50,38 Sekunden eine enorme Grundschnelligkeit mit. Ideale Voraussetzungen für ein hochklassiges 600-Meter-Rennen als gebührender Rahmen für Christina Herings letzten Auftritt.
2000 Meter Hindernis (Frauen): Gesa Krause und Olivia Gürth sind bereit für den ISTAF-Sieg
Gesa Krause (Silvesterlauf Trier) steht wie keine Zweite für den Hindernislauf der Frauen in Deutschland. Viermal in Folge erreichte die 32-Jährige das Olympia-Finale, zuletzt Anfang August in Paris. Dazu kommen zwei EM-Titel und zwei WM-Bronzemedaillen. Ihren zweiten EM-Titel gewann Gesa Krause 2018 eben im Berliner Olympiastadion. Und auch beim ISTAF trumpfte die Läuferin bereits groß auf. So lief sie 2019 mit 5:52,80 Minuten eine Weltbestzeit über 2000 Meter Hindernis.
Am Sonntag steht wieder die kürzere Hindernisdistanz über fünf Runden auf dem Programm. Ganz klar zählt Gesa Krause dank ihrer hohen Grundschnelligkeit zu den Favoritinnen. Gleiches gilt für ihre Trainings- und Vereinspartnerin Olivia Gürth. Die 22-Jährige verpasste in Paris nur ganz knapp das Olympia-Finale, entschädigte sich dafür aber mit neuer Bestzeit und Deutschem U23-Rekord von 9:16,47 Minuten.
Natürlich wird es die internationale Konkurrenz dem Trierer Duo nicht einfach machen, im Olympiastadion zum Sieg zu laufen. So ist mit der Französin Flavie Renouard (Bestzeit: 9:19,07 min) eine schnelle Olympiastarterin beim ISTAF dabei. Die Berliner Farben vertritt die DM-Fünfte Agnes Thurid Gers (SCC Berlin).
100 Meter (Männer): Olympia-Revanche auf der schnellsten Bahn der Welt
Bei den Olympischen Spielen in Paris entschieden sieben Hundertstel über 4×100-Meter-Gold. Am Ende machte die kanadische Staffel mit 37,50 Sekunden knapp das Rennen vor Südafrika. Am Sonntag kommt’s im Berliner Olympiastadion – auf der Weltrekord-Bahn von Usain Bolt (9,58 sec bei der WM 2009) – zur Revanche. Denn mit Aaron Brown und Jerome Blake treffen zwei Staffel-Olympiasieger auf Südafrikas Sprintstar und Staffel-Schlussläufer Akani Simbine.
Der 30-Jährige ist in absoluter Top-Form. Bei den Olympischen Spielen verpasste er mit Südafrika-Rekord von 9,82 Sekunden als Vierter die Medaillen im 100-Meter-Finale nur denkbar knapp. Mit drei Zeiten unter 9,90 Sekunden in diesem Jahr zählt Akani Simbine zu den konstantesten Sprintern in der Weltspitze. Um die Leistung einzuordnen: In der langen ISTAF-Geschichte sind bisher lediglich drei Sprinter unter 9,90 Sekunden geblieben.
Neben den kanadischen Olympiasiegern dürfen natürlich auch die schnellen US-Sprinter nicht fehlen. Ronnie Baker und Courtney Lindsey kommen mit Bestzeiten von 9,83 bzw. 9,89 Sekunden zum ISTAF. Ganz dicht an die Zehn-Sekunden-Marke sind die deutschen Asse Lucas Ansah-Peprah (Hamburger SV; 10,00 sec) und Joshua Hartmann (ASV Köln; 10,06 sec) 2024 herangelaufen. In einem Weltklasse-Feld wollen beide eine gute Rolle spielen. Das deutsche Trio beim ISTAF komplettiert Deniz Almas. Der Wolfsburger zählte wie Lucas Ansah-Peprah zur deutschen Bronze-Staffel bei der EM in Rom.
100 Meter (Frauen): Ehrenrunde für deutsche Bronze-Sprinterinnen
36 Jahre lang mussten die deutschen Sprinterinnen auf eine Olympia-Medaille über 4×100 Meter warten. Bis zum 9. August 2024. Da stürmten Alexandra Burghardt (LG Gendorf Wacker Burghausen); Lisa Mayer (Sprintteam Wetzlar), Gina Lückenkemper (SCC Berlin) und Rebekka Haase (Sprintteam Wetzlar) sensationell mit 41,97 Sekunden zu Olympia-Bronze in Paris. Die schnelle Staffel wird beim ISTAF für die tolle Leistung noch einmal gebührend gefeiert werden. Quasi eine Ehrenrunde auf der Sprintgeraden! Nur Alexandra Burghardt fehlt auf der Laufbahn, sie hat ihre Saison bereits beendet. Dafür ist Staffel-Ersatzläuferin und Lokalmatadorin Lisa Marie Kwayie (Neuköllner SF) mit dabei.
Die besten Chancen auf eine Top-Platzierung beim ISTAF hat natürlich Gina Lückenkemper. Die SCC-Sprinterin ruft konstante Zeiten im Weltklassebereich ab. Schon dreimal hat die Europameisterin von 2022 im Berliner Olympiastadion die Elf-Sekunden-Marke unterboten. Allerdings noch nie beim ISTAF. Ihr persönlicher „ISTAF-Rekord“ steht bei 11,15 Sekunden. Ein schönes Ziel für Sonntag!
Beim Rennen um den Sieg hat die deutsche Ausnahmesprinterin starke Konkurrenz. So verbesserten sich Salome Kora (Schweiz) und Gemimia Joseph (Frankreich) in dieser Saison deutlich auf 10,95 bzw. 11,01 Sekunden. Ebenfalls dabei ist die schnelle US-Sprinterin Jenna Prandini (Bestzeit: 10,92 sec), die im Vorjahr beim ISTAF triumphierte.