ISTAF 2025: der Disziplinen-Check

25. Juli 2025

Welche Stars sind am Start? Wer hat Chancen auf den Sieg? Das erwartet die Leichtathletik-Fans am Sonntag, 27. Juli, im Berliner Olympiastadion. Disziplinen in chronologischer Reihenfolge mit Startzeiten; Stand 25. Juli 2025, 12:00 Uhr.

Dreisprung I Männer, 13:20 Uhr

Max Heß im Anflug auf die 17 Meter

Wer in Deutschland an Dreisprung denkt, denkt an Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz). Der 29-Jährige dominiert die spektakuläre Disziplin hierzulande seit einem Jahrzehnt. Dass er auch in diesem Jahr in Top-Form ist, bewies er mit 17,43 Metern und Hallen-EM-Silber. In der Sommersaison 2025 fehlt ihm noch der erste 17-Meter-Sprung, daher kommt das ISTAF gerade recht. So wie vor fünf Jahren, als er beim „Corona-ISTAF“ vor 3.500 zugelassenen Zuschauern auf 17,17 Meter flog. Diesmal werden ihn deutlich mehr Fans unterstützen.

Die Konkurrenz hat es für Max Heß aber in sich. Zwei weitere 17-Meter-Springer fordern im Olympiastadion den Chemnitzer. Einen ganz starken Eindruck hinterließ zuletzt Yasser Triki (Algerien) mit 17,21 Metern und Platz zwei in Monaco. Der Hausrekord von Dimitris Tsiamis steht sogar bei stolzen 17,55 Metern. Vor 19 (!) Jahren sprang der Grieche damit Landesrekord. Der nimmermüde 43-Jährige ist immer noch aktiv und gut für Sprünge deutlich über 16 Meter. In diese Weitenregion will auch das deutsche Duo Mohammad Amin Alsalami (LAC Berlin; 16,10 m) und Max Heß‘ Trainingspartner Steven Freund (LAC Erdgas Chemnitz; 16,12 m) segeln.

Kugelstoßen I Frauen, 14:20 Uhr

Olympiasiegerin will ersten ISTAF-Sieg

Vergangenen Sommer verzückte Yemisi Ogunleye (MTG Mannheim) die deutschen Sport-Fans. Mit glatten 20,00 Metern im letzten Versuch schnappte sich die 26-Jährige bei den Olympischen Spielen in Paris sensationell die Goldmedaille. Diese Top-Form nahm sie mit in die neue Saison und steigerte bei der Hallen-DM in Dortmund ihre Bestleistung auf 20,27 Meter. In der Sommersaison fehlt Yemisi Ogunleye zwar noch die 20-Meter-Weite, doch bis zur WM Mitte September in Tokio bleibt noch Zeit, um in Spitzenform zu kommen.

Ein erster wichtiger Schritt dorthin ist das Berliner ISTAF. Denn zu gern würde die Mannheimerin erstmals das Traditionsmeeting gewinnen. Vergangenes Jahr musste sie sich als Zweite knapp geschlagen geben. Doch die Konkurrenz ist stark, sogar aus dem nationalen Lager. So steigerte sich Katharina Maisch (LV 90 Erzgebirge) im Juni auf 19,25 Meter. Alina Kenzel (VfB Stuttgart) kratzte zuletzt mit18,91 Metern an der 19-Meter-Marke. Das starke deutsche Quartett komplettiert die frischgebackene U23-Europameisterin Nina Ndubuisi (SG Schorndorf), die mit exakt derselben Bestleistung wie Alina Kenzel im Olympiastadion antritt.

Natürlich dürfen im Olympiastadion auch die internationalen Hochkaräter nicht fehlen. So stößt sich das schwedische Duo mit Landesrekordlerin Fanny Roos (19,66 m) und Axelina Johansson (19,54 m) immer dichter an die 20-Meter-Marke heran. Deutlich über 19 Meter haben zuletzt auch Jessica Inchude (Portugal; 19,21 m) und Jamaika-Rekordlerin Danniel Thomas-Dodd (19,30 m) gestoßen.

Stabhochsprung I Männer, 14:30 Uhr

Wer schnuppert die „höchste Berliner Luft“?

Hochspannung pur ist im Stabhochsprung angesagt. Ganz dicht ist das Feld zusammen, sodass alle Springer ihre Chance auf den Sieg im Olympiastadion nutzen wollen. Angeführt werden die Höhenjäger vom „Flying Dutchman“ Menno Vloon, der beim ISTAF 2024 den niederländischen Freiluftrekord auf 5,92 Meter schraubte und in einem bärenstarken Wettkampf den zweiten Platz hinter dem US-Amerikaner Sam Kendricks (6,01 m) belegte. Er weiß also genau, wie sich die „Berliner Luft“ auf fast sechs Metern Höhe anfühlt. Neben dem Niederländer sind gleich vier weitere Landesrekordler beim ISTAF dabei: Ersu Sasma (5,90 m) aus der Türkei, Pedro Buaró (5,82 m) aus Portugal sowie die Chinesen Huang Bokai und Li Chenyang (beide 5,85 m).

Die deutschen Farben vertreten der sechsmalige Deutsche Freiluftmeister Bo Kanda Lita Baehre (Düsseldorf Athletics; 5,90 m), Oleg Zernikel (ASV Landau; 5,87 m) und Torben Blech (TSV Bayer 04 Leverkusen; 5,86 m). Alle drei haben die WM-Norm schon gepackt und wollen sich Selbstvertrauen für den Saisonhöhepunkt in Tokio (13. bis 21. September) holen. Komplettiert wird das Top-Feld durch Ex-Europameister Robert Sobera (Polen; 5,81 m), Pål Haugen Lillefosse (Norwegen, 5,86 m) sowie Baptiste Thiery (Frankreich), der sich in diesem Jahr auf 5,91 Meter steigern konnte. Den ISTAF-Rekord hält übrigens immer noch Stabhochsprung-Legende Sergej Bubka (Ukraine) mit 6,05 Metern aus dem Jahr 1994.

Rudi-Thiel-Meile I Männer (U20), 14:30 Uhr

Große Bühne für große Talente

Den Talenten eine große Bühne geben. Das war schon immer eine Herzensangelegenheit der ISTAF-Macher. Allen voran von „Mr. ISTAF“ Rudi Thiel, der 32 Jahre lang das Traditionsmeeting leitete. Seit vergangenem Jahr starten internationale Mittelstrecken-Talente im Rahmen des ISTAF auf der „Rudi-Thiel-Meile“. Natürlich lief die Premiere unter den Augen des mittlerweile 97-Jährigen. Am Sonntag sind wieder zahlreiche Stars von morgen über die 1609,34 Meter dabei. Natürlich darf der frischgebackene Deutsche U20-Meister nicht fehlen. Yannick Graf (TSV Gomaringen) steigerte sich in diesem Jahr über 1500 Meter um sechs Sekunden auf starke 3:46,54 Minuten. Auch der Deutsche U20-Vizemeister David Scheller (TSV Karlstadt; 3:49,48 min) will seine Chance suchen.

Der Top-Favorit bei der zweiten Auflage der Rudi-Thiel-Meile kommt allerdings aus Tschechien. Filip Toul, 17 Jahre jung, verbesserte Anfang Juni den U20-Landesrekord über 1500 Meter auf 3:39,14 Minuten. Auch über die Meile steigerte er die Bestmarke auf 4:00,13 Minuten. Zu gern würde der Youngster natürlich unter der „magischen“ Vier-Minuten-Marke bleiben, die der legendäre Roger Bannister 1954 erstmals unterbot und damit Sportgeschichte schrieb. Sein größter Herausforderer sollte der Finne Joonas Kumpulainen werden, der sich im Juni über 1500 Meter auf 3:43,84 Minuten verbesserte und über eine hohe Endgeschwindigkeit verfügt.

400 Meter Hürden I Frauen, 14:50 Uhr

Hessisches Duo läuft um den Sieg

Die deutschen 400-Meter-Hürdenläuferinnen haben sich in den vergangenen Jahren sukzessive verbessert und sind mittlerweile in der europäischen Spitze angekommen. Die tolle Entwicklung führen Elena Kelety (Frankfurt Athletics; 54,79 sec) und Eileen Demes (TV Neu-Isenburg; 54,80 sec) an. Beide sind beim ISTAF dabei und peilen erneut eine Zeit unter der 55-Sekunden-Marke an. Speziell die Frankfurterin hat sich in diesem Jahr ein hohes und stabiles Niveau erarbeitet und möchte auf der blauen Bahn ein Wörtchen um den Sieg mitsprechen.

Dass die Konkurrentinnen auf einem ähnlichen Niveau unterwegs sind, verspricht ein packendes Rennen. Mit der schnellsten Bestzeit (54,47 sec) startet Paulien Couckuyt im Olympiastadion. Allerdings ist die Belgierin in diesem Jahr noch nicht in Top-Form. Deutlich mehr gute Rennen hat 2025 bereits Alanah Yukich bestritten – und das auf drei Kontinenten. Dabei hat die Australierin ihre Bestzeit auf 55,05 Sekunden steigern können. Mit Annina Fahr (TuS Gottmadingen; 55,63 sec) ist außerdem eine Läuferin mit deutscher und Schweizer Staatsbürgerschaft dabei, die international für die Eidgenossen antritt und 2022 mit der 4×400-Meter-Staffel im WM-Finale stand.

400 Meter Hürden I Männer, 15:05 Uhr

Die 48-Sekunden-Marke ist das Ziel

Kaum eine andere Laufdisziplin hat sich in den vergangenen Jahren in Deutschland so rasant entwickelt wie die 400 Meter Hürden. Zeiten deutlich unter 49 Sekunden waren plötzlich keine Seltenheit mehr. Mit WM-Finalist Joshua Abuaku (Eintracht Frankfurt; 48,12 sec) und Lokalmatador Emil Agyekum (SCC Berlin; 48,21 sec) sind zwei deutsche Asse mit von der Partie im Olympiastadion. Und das Duo hat beste Erinnerungen ans ISTAF – denn beide stellten ihre Hausrekorde auf der blauen Bahn des Olympiastadions auf.

Doch die internationale Konkurrenz wird es dem deutschen Duo, das gemeinsam in Frankfurt trainiert, nicht leicht machen. Gleich drei Konkurrenten haben in ihrer Karriere bereits die 48-Sekunden-Marke unterboten. Kyron McMaster (Britische Jungferninseln) schon erstmals 2017 im Alter von 20 Jahren. 2021 im Olympia-Finale in Tokio lief er sogar 47,08 Sekunden. Youngster Ismail Abakar (Katar) gelang das Kunststück 2024 ebenfalls im Alter von 20 Jahren mit 47,72 s. Auch Ken Toyoda (Japan; 47,99 s) ist bereits mit einer Punktlandung in diesen elitären Klub vorgestoßen.

Meile I Männer, 15:20 Uhr

Robert Farken peilt nächsten Rekord-Coup an

Er hat einfach einen Lauf! Robert Farken (SG Motor Gohlis-Nord Leipzig) ist aktuell nicht zu stoppen. Fünf (!) deutsche Rekorde stellte der 27-Jährige in diesem Jahr auf. Allein im Juni steigerte er die Uralt-Rekorde über 1500 Meter auf 3:30,80 Minuten und über die Meile (1609,34 m) auf 3:49,12 Minuten. Nun soll der ganz frische Meilen-Rekord beim ISTAF noch einmal unterboten werden: „Ich freue mich riesig auf das ISTAF. Die Atmosphäre im Olympiastadion ist einzigartig – und ich habe noch eine Rechnung offen“, so der Leipziger. Bei seinem bisher einzigen Start in Berlin belegte er 2019 über 1500 Meter in 3:38,94 Minuten Rang 14. Nun kehrt er als nationaler Rekordhalter mit großen Ambitionen zurück: „Die Form stimmt, und ich habe das Gefühl, dass da noch etwas geht. Gern würde ich beim ISTAF noch einen draufsetzen“, so Robert Farken.

Doch die Konkurrenz hat es in sich. Natürlich sind die besten deutschen Lang- und Mittelstreckler mit von der Partie. Darunter Mohamed Abdilaahi (Cologne Athletics), der vor zwei Wochen in Monaco den deutschen Uralt-Rekord von Olympiasieger Dieter Baumann über 5000 Meter auf 12:53,63 Minuten verbesserte. Dazu kommen die 1500-Meter-Spezialisten Marvin Heinrich (Eintracht Frankfurt; 3:35,62 min) und Marc Tortell (Athletics Team Karben; 3:35,44 min) sowie 5000-Meter-Spezialist und Lokalmatador Sam Parsons (SCC Berlin; 3:36,22 min). Natürlich steht auch internationale Spitzenklasse an der Startlinie: Narve Gilje Nordas (Norwegen; 3:29,47 min), Andrew Coscoran (Irland; 3:30,42 min), Italiens Meilen-Rekordler Federico Riva (3:49,72 min) sowie das schnelle australische Duo Jude Thomas (3:32,08 min) und Adam Spencer (3:31,81 min) werden Robert Farken das Leben auf den vier Runden und knapp zehn Metern äußerst schwer machen.

Weitsprung I Frauen, 15:30 Uhr

Leichtathletik-Queen Malaika Mihambo im Anflug auf Streich drei

Malaika Mihambo ist seit Jahren eines der bekanntesten Gesichter der Welt-Leichtathletik. Die 31-Jährige hat alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt: Olympische Spiele, WM und EM. Natürlich war sie auch zweimal schon beim ISTAF im Olympiastadion ganz vorn. Am Sonntag soll der dritte Streich folgen. Dass Malaika Mihambo in Top-Form ist, bewies sie vergangene Woche mit ihrem Diamond-League-Sieg in London (6,93 m). Auch die Sieben-Meter-Marke konnte sie in diesem Sommer mit 7,01 Metern bereits übertreffen.

Aber die Konkurrenz für die Ausnahmespringerin hat es in sich. Mit der Portugiesin Agate De Sousa ist eine weitere Sieben-Meter-Springerin (7,03 m) mit von der Partie. Bei der Team-EM Ende Juni in Madrid lag sie mit 6,84 Metern auf den Zentimeter exakt gleichauf mit Malaika Mihambo. Und auch Pauline Hondema kommt immer besser in Schwung. Die Niederländerin steigerte den Landesrekord vor zwei Wochen deutlich auf 6,91 Meter. Mit Libby Buder (TSG Bergedorf) ist ein deutscher Youngster auf größtmöglicher Bühne mit von der Partie. Die 21-Jährige steigerte vergangene Woche bei der U23-EM ihre Bestleistung als Vierte auf 6,56 Meter. Im Olympiastadion will die Hamburgerin, die schon vergangenes Jahr Dritte beim ISTAF geworden war, diese um den einen oder anderen Zentimeter verbessern.

800 Meter I Frauen, 15:35 Uhr

Deutsches Trio mit guten Chancen

Zwei Runden, hoher Speed und Spannung bis zum Schluss: Genau das macht die 800 Meter aus. Denn häufig sind bis zum Zielstrich die Rennen offen. Wer spurtet von hinten nach vorn? Wer kann seine Pace bis zum Schluss halten? Zwei Minuten Spannung pur – oder lieber die eine oder andere Sekunde weniger. In Europas Spitze ist mittlerweile Majtie Kolberg (LG Kreis Ahrweiler) angekommen. Bei der EM 2024 in Rom lief sie als Fünfte ganz dicht ran an die Medaillenränge und steigerte wenige Wochen später bei den Olympischen Spielen in Paris ihre Bestzeit auf 1:58,52 Minuten. Ist die 25-Jährige in ähnlicher Form, kann sie um den begehrten ISTAF-Sieg mitlaufen.

Richtung Zwei-Minuten-Marke soll es für die ISTAF-Debütantinnen Jana Marie Becker (Königsteiner LV) und Lucia Sturm (TSV Moselfeuer Lehmen) gehen. Mit Bestzeiten von 2:01,41 bzw. 2:01,77 Minuten zählt das Duo zu den größten deutschen Mittelstrecken-Talenten. Speziell die erst 19-jährige Jana Marie Becker konnte bereits in großen Rennen überzeugen. So lief sie bei der Hallen-DM im Februar in Dortmund sensationell zum Titel. Das deutsche Trio muss sich im Olympiastadion gegen schnelle Konkurrenz behaupten, allen voran will die stark verbesserte Österreicherin Caroline Brendlinger (1:58,95 min) nach zwei schnellen Runden vorn sein.

100 Meter Hürden I Frauen, 15:50 Uhr

Fällt der Uralt-Meetingrekord aus dem Jahr 1986?

Vor fast 40 Jahren – am 15. August 1986 – sprintete Yordanka Donkova mit 12,37 Sekunden zum ISTAF-Sieg. Nur eine Hundertstel fehlte der Bulgarin zum Weltrekord, den sie danach mehrfach bis auf 12,21 Sekunden verbessern sollte und der 28 Jahre lang Bestand hatte. Ihre Siegerzeit von 1986 ist noch immer ISTAF-Rekord. Doch dieser wackelt am 27. Juli gewaltig. Denn auf der Sprintgeraden sammelt sich geballte Weltklasse. Gleich drei Hürdensprinterinnen peilen Donkovas historische Bestmarke an: Nadine Visser (Niederlande, 12,36 sec), Pia Skrzyszowska (Polen; 12,37 sec) und Ditaji Kambundji (Schweiz; 12,40 sec) – die drei aktuell schnellsten Frauen Europas.

Dieses Weltklasse-Feld wollen natürlich auch die deutschen Starterinnen für Top-Zeiten nutzen. Mit 12,89 Sekunden stellte Hürden-Youngster Rosina Schneider (20; TV Sulz) zuletzt ihre starke Form unter Beweis. Zu gern würde die U20-Europameisterin beim ISTAF ihren nächsten Leistungsschritt machen. Gleiches gilt natürlich für die Leverkusenerin Marlene Meier (12,93 sec) und die routinierte Deutsche Meisterin Ricarda Lobe (MTG Mannheim). Die 31-Jährige ist so gut in Form wie noch nie in ihrer Karriere. Erst am Mittwoch steigerte sie in Eisenstadt als Dritte ihre Bestzeit deutlich auf 12,82 Sekunden. Schon im Vorlauf zeigte sie mit 12,90 Sekunden starke Form. Zwei schnelle Rennen innerhalb kurzer Zeit sind ein klarer Beleg, dass Ricarda Lobe bereit ist für die ISTAF-Bühne.

110 Meter Hürden I Männer, 16:05 Uhr

Olympiasieger im Olympiastadion

Auf dem Weg zum Olympiasieg 2021 in Tokio musste Hansle Parchment (Jamaika) nicht nur schneller als die Konkurrenz über die zehn Hürden sprinten. Auch der Verkehr in Japans Metropole war sein Gegner. Denn der Jamaikaner war am Halbfinaltag im olympischen Dorf in den falschen Bus gestiegen und hätte die Vorschlussrunde fast verpasst. Als er weit entfernt vom Olympiastadion seinen Irrtum bemerkte, sprach er eine Volunteerin an, die ihm Geld für ein Taxi gab. So schaffte er es noch rechtzeitig zum Rennen. Einen Tag später stürmte Hansle Parchment zum größtmöglichen sportlichen Triumph und spendierte im Anschluss der Volunteerin einen Besuch in Jamaika. Natürlich ist der heute 35-Jährige nicht mehr ganz so schnell wie in seinen besten Jahren (Bestzeit: 12,94 s). Doch man darf nicht vergessen: Hansle Parchment war bereits 2012 in London Olympia-Dritter und verfügt über jede Menge Erfahrung, die im Hürdensprint von unschätzbarem Wert ist.

Mit Lafranz Campbell (13,37 sec) ist ein zweiter schneller Jamaikaner am Start. Zu beachten sind ganz sicher auch der Afrikarekordler Antonio Alkana (Südafrika: 13,11 sec), der Senegalese Louis François Mendy (13,18 sec) und der polnische Hallen-Europameister Jakub Szymański (13,25 sec), der im Februar beim ISTAF INDOOR in Düsseldorf triumphierte. Bei einem so starken Feld wird es für die beiden deutschen Teilnehmer Gregory Minoue (TV Kalkum-Wittlaer; 13,55 sec) und den zweifachen Deutschen Meister Manuel Mordi (Hamburger SV; 13,36 sec) sehr schwer, ganz vorn mitzulaufen. Ihr Ziel ist es, so dicht wie möglich an ihre Bestzeit heranzukommen – und wenn möglich sogar darunter zu bleiben.

Speerwurf I Männer, 15:35 Uhr

Gelingt Julian Weber der nächste 90-Meter-Wurf?

Der aktuell beste deutsche Speerwerfer ist in bestechender Form: Sechsmal ist Julian Weber (USC Mainz), der in Berlin lebt und mit der S-Bahn zum Olympiastadion fahren kann, in diesem Sommer angetreten. Bei jedem Wettkampf hat er dabei die 85-Meter-Marke übertroffen und fünfmal gewonnen. Highlight war natürlich sein erster 90-Meter-Wurf der Karriere beim Diamond-League-Sieg in Doha (91,06 m). Mit dieser Weite kommt der 30-Jährige ganz dicht ran an den ISTAF-Rekord, den kein Geringerer als Weltrekordler Jan Zelezny vor 30 Jahren mit 91,30 Meter aufgestellt hat.

Mit dieser Konstanz auf höchstem Niveau ist Julian Weber bei seinem „Heimspiel“ natürlich Top-Favorit auf den nächsten ISTAF-Sieg. Schon 2022 bis 2024 hatte der Europameister von 2022 im Olympiastadion triumphiert. Nun peilt Julian Weber seinen „vierten Streich“ an. Den möchte ihm ein internationales Duo zu gern streitig machen: Cyprian Mrzyglod (Polen) hat sich im 85-Meter-Bereich stabilisiert, Yuta Sakiyama steigerte unlängst als japanischer Meister seine Bestweite auf 87,16 Meter. Dazu kommt Rio-Olympiasieger Thomas Röhler (LC Jena), der 2018 im Olympiastadion Vorgänger von Julian Weber als Europameister wurde und mit 93,90 Metern vor Johannes Vetter den Deutschen Rekord hielt. Für ihn geht’s aktuell aber eher darum, sich ein stabiles 80-Meter-Niveau zu erarbeiten. Diese Marke würde Niklas Sagawe (TSG Bergedorf; 79,22m) in Berlin nur zu gern erstmals in seiner Karriere übertreffen.

100 Meter Para I Männer, 16:15 Uhr

Paralympics-Revanche im Olympiastadion

Das 100-Meter-Finale (T64) der Paralympics 2024 zählte zu den absoluten Highlights in Paris. Sherman Guity Guity (Costa Rica) stürmte vergangenes Jahr mit 10,65 Sekunden zur Goldmedaille vor Maxcel Amo Manu (Italien; 10,76 s) und Felix Streng (Sprintteam Wetzlar; 10,77 s). Beim ISTAF treffen sich der Paralympicssieger und der Hesse (Bestzeit: 10,60 s) zur Revanche. Beide zählen zur Startklasse T64 (unterschenkelamputiert). Der 30-jährige Felix Streng wurde ohne rechten Unterschenkel geboren. Der dreimalige Paralympicssieger Sherman Guity Guity hat die blaue Bahn im Berliner Olympiastadion bereits von seinem Sieg beim ISTAF 2023 in bester Erinnerung. Im selben Rennen waren schon die beiden Niederländer Olivier Hendriks (T62, beidseitig unterschenkelamputiert) und Levi Vloet dabei. Hendriks, der 2021 in Tokio und 2024 in Paris Paralympics-Silber bzw. -Bronze über 400 Meter gewann, war 2023 in Berlin in persönlicher Bestzeit von 11,27 Sekunden Dritter geworden und hat sich mittlerweile sogar auf 10,94 Sekunden verbessert. Beide Niederländer sind auch in diesem Jahr wieder beim ISTAF am Start, genau wie die Italiener Francesco Loragno und Fabio Bottazzini sowie der britische Durchstarter Dan Gladman.

2000 Meter Hindernis I Frauen, 16:25 Uhr

Deutsche Top-Läuferinnen jagen die Sechs-Minuten-Marke

Die selten gelaufenen 2000 Meter Hindernis haben beim ISTAF schon Tradition. 2019 und 2024 war jeweils Gesa Krause (Silvesterlauf Trier) vorn und gewann vor sechs Jahren mit der Weltbestzeit von 5:52,80 Minuten. Zu gern würde dieses Jahr Lea Meyer in diese Bereiche vorstoßen. Die Form dafür stimmt jedenfalls. Die Leverkusenerin steigerte ihre Bestzeit über 3000 Meter Hindernis zuletzt auf 9:09,21 Minuten. Damit ist für die Vize-Europameisterin von 2022 in jedem Fall eine Zeit unter sechs Minuten möglich. Ihre aktuelle Bestleistung von 6:16,53 Minuten sollte die in den USA trainierende Läuferin auf jeden Fall klar unterbieten können.

Deutlich schneller war über diese Distanz schon ein deutscher Youngster unterwegs. Jolanda Kallabis (FT 1844 Freiburg) verblüffte die Fachwelt 2022 mit der U18-Weltbestzeit von 6:07,72 Minuten. Danach konzentrierte sich die mittlerweile 20-Jährige verstärkt auf die 800 und 1500 Meter, da ihr die 3000 Meter Hindernis – aufgrund des hohen Trainingsumfangs – noch zu lang waren. Beim ISTAF kehrt die in diesem Jahr auf den 800 Metern auf 2:01,80 Minuten verbesserte Freiburgerin zurück auf ihre Lieblingsstrecke. Mit der deutschen U23-Rekordlerin Olivia Gürth (Silvesterlauf Trier) ist eine weitere starke DLV-Athletin dabei. Vergangenes Jahr belegte die 23-Jährige mit 6:00,50 Minuten Platz zwei. In ähnliche Sphären möchte sich die schnelle Polin Alicja Konieczek verbessern.

100 Meter I Männer, 16,40 Uhr

Deutsche Asse fordern Jamaikas Sprint-Stars

Vergangenes Jahr schrieb Owen Ansah (Hamburger SV) Sport-Geschichte: Mit 9,99 Sekunden blieb der Sprinter als erster Deutscher über 100 Meter unter zehn Sekunden. Beim ISTAF will der 24-Jährige die schnelle blaue Bahn – vor 16 Jahren lief Usain Bolt auf dieser mit 9,58 Sekunden den noch immer bestehenden Weltrekord – für eine nächste Top-Zeit sorgen. Ganz dicht auf den Fersen ist ihm sein Klub- und Trainingskamerad Lucas Ansah-Peprah, der in dieser Saison seine Bestzeit von 10,00 Sekunden bereits egalisieren konnte. Auch der ehemalige Deutsche Meister Yannick Wolf (Cologne Athletics) ist mit 10,08 Sekunden schnell in die Saison gestartet.

Das deutsche Trio trifft unter anderem auf zwei pfeilschnelle Jamaikaner. Und die fühlen sich im Olympiastadion ja bekanntlich besonders wohl. Nicht nur Usain Bolt. Schließlich hält Yohan Blake seit 14 Jahren den ISTAF-Rekord, wenige Wochen nach seinem WM-Titel 2011 lief er beim ISTAF 9,82 Sekunden. Eine bisher unerreichte Zeit in der langen Meeting-Historie. Am Sonntag vertreten die Top-Stars Ackeem Blake (9,88 sec) und Ryiem Forde (9,95 sec) die Sprint-Nation. Auch Shaun Maswanganyi, Olympia-Zweiter mit der südafrikanischen 4×100-Meter-Staffel, bringt mit 9,91 Sekunden eine Bestzeit klar unter zehn Sekunden mit.

100 Meter I Frauen, 16:50 Uhr

Gelingt Sprint-Star Gina Lückenkemper der nächste ISTAF-Coup?

Wann immer Gina Lückenkemper (SCC Berlin) in Berlin startet, geht im Olympiastadion die Post ab: Die deutsche Ausnahmesprinterin ist in ihrer Karriere über 100 Meter sechsmal unter elf Sekunden geblieben, davon viermal auf dem blauen Kunststoffuntergrund in Berlin. Natürlich rannte sie auch ihre Bestzeit von 10,93 Sekunden in Berlin. Aufgestellt beim ISTAF 2024. „Ich liebe einfach das Olympiastadion und das ISTAF“, sagt die 28 Jahre alte Lokalmatadorin und blickt freudig auf ihr Lieblingsmeeting voraus. Auch wenn das ISTAF in diesem Jahr nicht das Ende der Sommersaison darstellt, sondern mittendrin ausgetragen wird. Im Hinblick auf DM und WM werden deshalb alle Starterinnen und Starter ihre Form unter Beweis stellen wollen.

Natürlich wird der erneute Triumph für die schnellste deutsche Sprinterin seit 1991 kein Selbstläufer. Enorm stark ist die Konkurrenz. Angeführt wird diese von der Schweizerin Ajla Del Ponte, die mit 10,90 Sekunden eine noch schnellere Bestzeit als Gina Lückenkemper mitbringt. Nach schwierigen Jahren hat die Olympia-Fünfte von Tokio langsam zurück zu alter Stärke gefunden. Zu beachten ist unbedingt Sina Mayer. Die Sprinterin aus Zweibrücken hat sich auf einem tollen Niveau stabilisiert. Warum sollte nicht beim ISTAF die nächste Bestzeit für die 30-Jährige folgen? Die steht aktuell (noch) bei 11,20 Sekunden. Eine ähnliche Zeit peilt auch Lokalmatadorin Lisa Marie Kwayie (Neuköllner SF) an. Mit Delisha Benelisa Domingo (TuS Lichterfelde) feiert eins der größten deutschen Sprint-Talente ihre ISTAF-Premiere. Die Berlinerin, 15 Jahre jung, sprintete vor zwei Wochen sensationell zum U18-DM-Titel. Trotz ihres jungen Alters steht ihre Bestzeit schon bei 11,73 Sekunden.

Den prestigeträchtigen Sieg nehmen die internationalen Gäste ins Visier. Maia McCoy (USA) lief am Mittwoch mit 10,96 Sekunden beim Meeting in Eisenstadt erstmals in ihrer Karriere unter elf Sekunden. Die Formkurve der 28-Jährigen zeigt also passend zum ISTAF steil nach oben. Aber auch Lorene Bazolo (Portugal), die im Alter von 42 (!) Jahren unlängst den Landesrekord auf 11,10 Sekunden verbesserte, kann sich Chancen ausrechnen. Angesichts dieser Konkurrenz wird bei Gina Lückenkemper ganz sicher die Post abgehen!